31.05.2021

Prävention von Radikalisierung und demokratiefeindlichem Extremismus: Aktuell (201)

Weitere News
zu dem Thema

  • Was ist Antisemitismus
    Auf der Webseite des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus heißt es u.a.: "Antisemitismus – der Begriff legt nahe, dass er bedeutet, gegen Juden zu sein: Judenfeindschaft, Judenhass. Dabei hat Antisemitismus mit realen jüdischen Menschen nichts zu tun, er entsteht unabhängig von ihrem tatsächlichen Verhalten. Nach der Definition der International Holocaust Remebrance Alliance ist Antisemitismus "eine bestimmte Wahrnehmung von Juden (…)". Das ist schon der Kern, auf den es ankommt: Eine, ganz bestimmte Sicht dominiert, anstatt die jeweilige Person in ihrer Unterschiedlichkeit und Individualität wahrzunehmen. Wer sich über jüdische Menschen eine Meinung bildet, die von ihrem Judentum abgeleitet wird anstatt von ihrem konkreten persönlichen Verhalten, handelt antisemitisch. Juden und Jüdinnen haben außer ihrem Jüdischsein erst einmal nichts gemeinsam—sie sind genauso unterschiedlich wie Angehörige anderer Religionen und Kulturen. Auf dieses Verhältnis zwischen Individuum und Gruppe kommt es an: Antisemitismus fängt da an, wo aus der Gruppenzugehörigkeit Eigenschaften Einzelner abgeleitet werden und umgekehrt. Wenn Juden als Gruppe Eigenschaften zugeschrieben werden, die über ihr faktisches Jüdischsein hinausgehen, ist das antisemitisch. Das gilt auch für positive Attribute, wenn etwa behauptet wird, Juden seien besonders klug, oder für das jahrhundertealte Klischee der "schönen Jüdin". Solche philosemitisch genannten Verallgemeinerungen sind ebenfalls eine Form von Antisemitismus."

  • Radicalisation Awareness Network (RAN)
    Update 84 on the Activities of RAN. Together against radicalisation.

  • Hass, Bedrohungen und Gewalt gegen Kommunalpolitiker:innen
    "Hass und Bedrohungen gegenüber kommunalen Amts- und Mandatsträgern sind längst keine Einzelfälle mehr. Etwa 2⁄3 der Bürgermeister:innen haben bundesweit bereits derartige Erfahrungen – und das sogar mehrfach – gemacht. Die Corona-Pandemie verschärft diese Situation weiter. Wie ist die Lage, woran liegt’s und was gibt’s für Gegenmaßnahmen? Der DStGB gibt Antworten auf diese Fragen in seinem aktuellen Papier!" 

  • pufii.de - Sondernewsletter
    Sondernewsletter zur Einrichtung des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus sowie dem Maßnahmenkatalog des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus.

  • Aktuelles aus dem Deutschen Bundestag:
    • Antisemitische Straftaten in 2020 und im ersten Quartal 2021
      (hib/STO) Im ersten Quartal 2021 sind in Deutschland zwei Menschen infolge politisch motivierter Straftaten mit antisemitischem Hintergrund leicht verletzt worden. Beide Straftaten wurden der politisch rechts motivierten Kriminalität zugeordnet, wie aus der Antwort der Bundesregierung (19/29479) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/28951) ferner hervorgeht. Danach wurden von Anfang Januar bis Ende März dieses Jahres mit Stand vom 26. April 428 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund gemeldet, darunter sechs Gewalttaten. Auf die politisch rechts motivierte Kriminalität entfielen den Angaben zufolge fünf der Gewaltdelikte und 387 sonstige Straftaten, auf den Phänomenbereich der "Politisch motivierten Kriminalität - ausländische Ideologie" eine Gewalttat sowie eine sonstige Straftat und auf den Phänomenbereich der "Politisch motivierten Kriminalität - religiöse Ideologie" zwei sonstige Straftaten, während weitere 32 sonstige Straftaten "nicht zuzuordnen" waren. Zu diesen genannten 428 Straftaten wurden laut Vorlage bislang insgesamt 218 Tatverdächtige ermittelt. Zwei Personen seien festgenommen und ein Haftbefehl erlassen worden, heißt es in der Antwort weiter. Bei den genannten Zahlen handelt es sich der Vorlage zufolge um vorläufige Angaben, bei denen aufgrund von Nach- und Änderungsmeldungen "teils erhebliche Veränderungen" möglich sind. Im vergangenen Jahr wurden gemäß den Angaben des Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) 29 Menschen infolge einer politisch motivierten Straftat mit antisemitischem Hintergrund leicht verletzt, wie die Bundesregierung zudem ausführt. Danach wurden für das Jahr 2020 bislang insgesamt 2.428 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund gemeldet, darunter 57 Gewalttaten. Ermittelt wurden der Antwort zufolge bisher 1.499 Tatverdächtige; es gab sechs Festnahmen, Haftbefehle wurden nicht erlassen.

    • Politisch rechts motivierte Straftaten im März 2021
      (hib/STO) In Deutschland sind im März dieses Jahres 29 Menschen infolge politisch rechts motivierter Straftaten verletzt worden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/29520) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/28999) hervor. Danach wurden vorläufigen Zahlen zufolge für März 2021 bislang insgesamt 1.075 solcher Straftaten gemeldet, darunter 45 Gewalttaten. Die Zahl der zu diesen Delikten ermittelten Tatverdächtigen beläuft sich laut Vorlage auf 480. Wie es in der Antwort weiter heißt, wurde ein Haftbefehl erlassen.

    • Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus
      (hib/STO) Als Unterrichtung durch die Bundesregierung liegt der "Abschlussbericht des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus" (19/30080) vor. Darin wird das Ziel der Bundesregierung bekräftigt, Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus "in einer gemeinsamen Kraftanstrengung zurückzudrängen". Dies sei mit der Umsetzung des vom Ausschuss erarbeiteten und im Dezember 2020 vom Bundeskabinett beschlossenen Maßnahmenkatalogs mit 89 Punkten "nicht abgeschlossen, sondern bleibt eine politische Daueraufgabe". Es sei in der Regierungskoalition vereinbart, dass ab dem Jahr 2022 ein Beauftragter der Bundesregierung gegen Rassismus berufen werden soll. Die Bundesregierung stellt dem Bericht zufolge in den Jahren 2021 bis 2024 insgesamt mehr als eine Milliarde Euro für die Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus bereit. Zur Umsetzung des Beschlusses des Kabinettausschusses seien auf Vorschlag der Regierung weitere 150 Millionen Euro im Bundeshaushalt 2021 zur Verstärkung veranschlagt worden. "Die am Kabinettausschuss beteiligten Ressorts und Arbeitseinheiten werden die im gemeinsamen Maßnahmenkatalog vereinbarten Vorhaben eigenverantwortlich, zügig und konsequent umsetzen", heißt es in der Vorlage ferner. Die weitere Umsetzung der Einzelmaßnahmen erfolge dabei im Rahmen der jeweils geltenden Haushalts- und Finanzplanung. Mit dem Abschlussbericht informieren die Mitglieder des Kabinettausschusses "über die einzelnen Maßnahmen dieses Katalogs und über erste eingeleitete Umsetzungsschritte". Wie darin ferner ausgeführt wird, werden die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs sowie die Erarbeitung neuer Vorhaben gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus "auch in der kommenden 20. Legislaturperiode eine zentrale Rolle einnehmen".

    • Pro und Contra zu Gesetzentwurf zu Feindeslisten
      (hib/MWO) Um einen kurzfristig ergänzten Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten ging es in einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am 19.05.2021. Der Ausschuss hatte Änderungen gegenüber der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs (19/28678) empfohlen. Es handelt sich dabei um die Einfügung eines neuen Straftatbestandes der Verbreitung und des Besitzes von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern (Paragraf 176e) sowie eines neuen Straftatbestands der Verhetzenden Beleidigung (Paragraf 192a) im Strafgesetzbuch. Letzterer erfasst Inhalte, die eine durch ihre nationale, rassische, religiöse oder ethnische Herkunft, ihre Weltanschauung, ihre Behinderung oder ihre sexuelle Orientierung bestimmte Gruppe oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen beschimpfen, böswillig verächtlich machen oder verleumden und hierdurch die Menschenwürde der betroffenen Personen verletzen können. Wie es in dem Entwurf heißt, führt die Existenz der in den letzten Jahren bekannt gewordenen sogenannten Feindeslisten zu einer erheblichen Verunsicherung in der Bevölkerung und bei den Betroffenen. Unter "Feindeslisten" seien Sammlungen von Daten, vor allem Adressdaten, aber auch Informationen über persönliche Umstände oder Fotos, von Personen zu verstehen, die - vorwiegend im Internet - verbreitet und zum Teil mit ausdrücklichen oder subtilen Drohungen oder Hinweisen verbunden würden. In der vom stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Heribert Hirte (CDU) geleiteten Sitzung wurde die im Gesetzentwurf vorgesehene Strafbarkeit des Verbreitens sogenannter Feindeslisten (Paragraf 126a) unterschiedlich bewertet. Auf die kurzfristigen Änderungen gingen nicht alle Sachverständigen in ihren schriftlichen Stellungnahmen ein. Der Rechtswissenschaftler Michael Kubiciel von der Universität Augsburg erklärte, das geplante Verbot der gefährdenden Verbreitung personenbezogener Daten sei verfassungskonform und kriminalpolitisch angemessen, da es dem Schutz der freien Entfaltung der Person gegen Einschüchterungseffekte diene. Änderungen seien nur im Detail möglich, aber nicht zwingend geboten. Das Datenschutzstrafrecht sei dabei nicht hilfreich. Keine Einwände habe er gegen die weiteren neuen Straftatbestände.

      Der Strafrechtler Sebastian Golla von der Ruhr-Universität Bochum geht davon aus, dass die Verbreitung personenbezogener Daten politischer Gegner und Gegnerinnen das Klima des politischen Diskurses und der Meinungsbildung negativ beeinträchtigen kann. Es erscheine allerdings nicht sinnvoll, diesen Risiken mit einem Straftatbestand zu begegnen, der auf den Schutz des öffentlichen Friedens zielt. Auch wenn Daten in geschlossenen Bereichen sozialer Medien oder in obskuren Kanälen, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, verbreitet werden, könne dies für die betroffenen Personen gefährlich werden. Abgesehen davon halte er es für sinnvoll, das Datenschutzstrafrecht in das Strafgesetzbuch zu integrieren. Jörg Eisele, Lehrstuhlinhaber an der Universität Tübingen, erklärte, es sei von der Sache her überzeugend, sogenannte Feindeslisten in einem gesonderten Straftatbestand zu erfassen. Bei Weitem nicht alle Fälle würden von den geltenden Strafvorschriften erfasst. Der Wortlaut des Paragrafen 126a erfasse aber nicht nur Listen, sondern jede Verbreitung von personenbezogenen Daten, was die Frage nach einer hinreichenden Eingrenzung des Tatbestandes aufwerfe. Wie Golla befürwortete Eisele grundsätzlich die im ebenfalls auf der Tagesordnung stehenden Gesetzentwurf der FDP-Fraktion (19/28777) vorgesehene Überführung der Strafvorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes in das Strafgesetzbuch. Gegen die Einführung der Paragrafen 176e und 192a hat Eisele prinzipiell nichts. Diese befürwortete auch Kai Lohse, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof. Nach Lohses Angaben ist die Erstellung und Verbreitung sogenannter Feindeslisten auch in Ermittlungs- und Strafverfahren des Generalbundesanwalts festgestellt worden. Dies müsse mit strafrechtlichen Mitteln unterbunden werden. Zugleich erweise sich die erstrebte Regelung als wichtiger ergänzender Baustein zu anderer aktueller Gesetzgebung. Es bedürfe aber im Hinblick auf die Meinungsäußerungsfreiheit klarer Auslegungsvorgaben. Sybille Wuttke von der Staatsanwaltschaft Stuttgart erläuterte, dass bei Anwendung der derzeit geltenden Strafvorschriften lediglich bei einem kleinen Teil der praxisrelevanten Fälle ein strafbares Verhalten festzustellen sei. Dies habe für die staatsanwaltschaftliche Praxis zur Folge, dass in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle keine Ermittlungen eingeleitet werden können. Dem Gesetzentwurf stimme sie daher uneingeschränkt zu, erklärte Wuttke. Sie sprach sich gegen die Anwendung des Datenschutzstrafrechts aus.

      Begrüßt wurde der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion dagegen von Eren Basar, Fachanwalt für Strafrecht aus Düsseldorf. Bedenken hat Basar dagegen gegen die Einführung des Paragrafen 126a. Dem Straftatbestand fehle es an einem die Strafbarkeit direkt legitimierenden Rechtsgut, und für eine Rechtfertigung der Vorverlagerung seien die im rechtsstaatlichen Strafrecht dafür notwendigen Voraussetzungen nicht eingehalten. Alexander Hoffmann vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) betonte in seiner schriftlichen Stellungnahme, der Entwurf sei einerseits reine Symbolpolitik, die nicht geeignet sei, Menschen vor rechten, rassistischen und antisemitischen Angriffen zu schützen. Andererseits bedeute der weit gefasste Tatbestand einen direkten Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung sowie die Pressefreiheit. Der vorliegende Gesetzentwurf werde nicht gebraucht und daher abgelehnt. Der Dresdener Rechtsanwalt Frank Hannig erklärte, die rechtspolitische Konnotation des Entwurfs möge durchaus wünschenswert und nachvollziehbar sein. Die Umsetzung in einem Strafgesetz, dass über eine Abschreckungswirkung hinaus vor Gericht zu Effekten und Erfolgen führen werde, sei aber aus seiner Sicht nicht gegeben. Es werde der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln und im strafrechtlichen Rahmen nicht überprüfbar sein, wo die strafbare Grenze zwischen erlaubtem und verbotenem Veröffentlichen personenbezogener Daten liegen soll. Nach Ansicht von Bianca Klose vom Bundesverband Mobile Beratung ist die Einführung eines neuen Paragrafen126a nicht geeignet, Menschen vor den Gefahren rechter, rassistischer, antisemitischer oder misogyn motivierter Gewalttaten zu schützen, sie ausreichend über mögliche Gefahren zu informieren und ihnen professionelle Beratung zur Verfügung zu stellen. Es sei fraglich, ob es vordringlich notwendig ist, die Verbreitung von Namenslisten unter Strafe zu stellen oder ob es nicht vordringlicher ist, die bestehenden Möglichkeiten besser auszunutzen.

Ein Service des deutschen Präventionstages.
www.praeventionstag.de

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