06.07.2022

Mitteilungen des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung zu "Gewalt"

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 „Gewalt“ heißt das Juniheft der WZB-Mitteilungen – das Thema war allerdings schon vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine bedrängend aktuell. So beleuchten die Beiträge nicht nur den jüngsten Krieg, sondern auch andere aktuelle und strukturelle Formen der Gewalt.

Terroristische Anschläge sind schreckliche Taten mit oft zahlreichen Opfern. Nachhaltig schädliche Auswirkungen haben sie auch, weil sie Angst schüren und Gesellschaften destabilisieren. Teresa Völker ("Terror und Öffentlichkeit") kann allerdings zeigen, dass die Reaktionen unterschiedlich sind, je nachdem, ob es sich um rechtsextreme oder um islamistische Anschläge handelt: Bei rechten Anschlägen wird oft das Bild vom radikalisierten Einzeltäter verbreitet, während aus islamistischer Gewalt immer wieder pauschale Warnungen vor einer allgemeinen Gefahr abgeleitet werden. Den Beitrag der Medien zum gesellschaftlichen Gewaltpotenzial nehmen auch Sascha Riaz, Daniel Bischof und Markus Wagner in den Blick ("Spirale des Hasses"). Sie belegen eindeutig: Wird bei einer Straftat über einen ausländischen Tatverdächtigen berichtet, nimmt im Umfeld der Tat die Hasskriminalität gegenüber Geflüchteten zu.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine beschäftigt natürlich auch die Forschung. Michael Zürn, Direktor der Abteilung Global Governance, analysiert im Audio-Interview die Situation ("Machtdemonstrationen", im Online-Bereich). Philipp Chapkovski und Max Schaub ("Insgeheim dagegen") haben einen Weg gefunden, der Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Russland ein Schnippchen zu schlagen und der wahren Zustimmungsrate zum Krieg in der Bevölkerung näher zu kommen: Menschen sollten nur angeben, wie vielen unter mehreren Aussagen sie zustimmen. Im Vergleich mit einer Gruppe, der eine Liste ohne den Punkt „Unterstützung der Invasion“ vorgelegt wurde, lässt sich errechnen, wie hoch die Zustimmung zu Putins Kriegspolitik ist. Und siehe da: Sie ist nicht so hoch wie offiziell angegeben.

Eine Stärke des Heftes ist es, dass es auch strukturelle Aspekte von Gewalt beleuchtet. Vanessa Wintermantel legt offen, dass Sprache nicht nur ein Instrument für Austausch und Emanzipation ist, sondern oft genug selbst eine Waffe der Unterdrückung ("Die ambivalente Wirkmacht der Worte"). Mit der Kulturbranche befasst sich Marina Fischer: Übergriffe und Grenzverletzungen sind in Theatern, in der Musik- und Filmszene an der Tagesordnung – immerhin dürfte die größere Präsenz in der Öffentlichkeit nicht an einer noch steigenden Fallzahl liegen, sondern an einer wachsenden Sensibilität ("Körper, Grenzen, Abhängigkeiten"). Und wer denkt beim Stichwort Gewalt an den Verkehr? Bei der Lektüre des Artikels von Anke Borcherding und Lara Meyer ("Gewalt durch Mobilität") verfliegt die erste Irritation schnell: Der Straßenverkehr fordert durch Unfälle, durch Lärm und Feinstaub zahlreiche Menschenleben. Das immer noch bestehende Primat des Autos ist lebensfeindlich.

Ein Service des deutschen Präventionstages.
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