"Der guckt schon so" – Eine praxisrelevante Differenzierung der Motive von Gewalthandlungen
Gewaltmotive

Abstract:
Gewalttätige Menschen unterscheiden sich im Hinblick auf die Motive ihrer Tat sehr voneinander. So könnte es sein, dass drei Täter ein sehr ähnliches Verbrechen, z. B. eine schwere Körperverletzung begehen und sich dennoch in ihren Absichten deutlich voneinander unterscheiden; der eine schlägt das Opfer (instrumentell), um sein Ziel (z. B. die Herausgabe von Gegenständen) zu erreichen. Er ist dabei affektiv wenig erregt und beendet die Gewaltanwendung, sobald er sein Ziel erreicht hat. Ein anderer schlägt (reaktiv) zu, weil er auf eine Provokation und empfundene Demütigung reagieren will. Ein dritter wird (intrinsisch) gewalttätig, ohne dass das Opfer dabei eine wesentliche Rolle spielt, es wird eher zufällig ausgewählt und dient dem Täter lediglich als Projektionsfläche einer diffusen Wut, die er "adressieren" will.

Der Vortrag bietet einen Einblick in die Ergebnisse eines langjährigen Forschungsprojektes. Es werden die wichtigsten Aspekte aus verschiedenen Fachrichtungen zu männlichen Gewalthandlungen beschrieben und eine Differenzierung der Motive vorgenommen. Der Vortrag schließt mit konkreten Empfehlungen für die pädagogische Praxis im Umgang mit reaktiv, intrinsisch und instrumentell motivierten Gewalttätern.

Vita:
Dr. Rebecca Friedmann ist Diplom-Sozialpädagogin und arbeitet seit über 15 Jahren mit Straftätern (vor allem im Einzelkontakt), entwickelte zusammen mit Prof. Dr. Jürgen Körner die Denkzeit-Programme und bildet Pädagog(inn)en zu Denkzeit-Trainer(innen) aus. Sie leitet einen Freien Träger der Jugendhilfe, die „Denkzeit-Gesellschaft e.V.“, und ein Fort- und Weiterbildungsinstitut, das „Denkzeit-Institut“. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Freien Universität Berlin und der International Psychoanalytic University (IPU) Berlin im Bereich der Delinquenzprävention und ist seit 2008 durchgängig als Lehrbeauftragte an verschiedenen Universitäten tätig, seit 2013 arbeitet sie als Lehrbeauftragte der Alice-Salomon-Hochschule Berlin.
Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Delinquenzprävention aus Sicht der psychoanalytischen Pädagogik, auf pädagogischer Interaktionsdiagnostik und psychodynamischen Konzepten der psychosozialen Entwicklung.
Ihre Dissertation verfasste sie zu dem hier referierten Thema.
07. Juni 2016
14:00 - 15:00 Uhr
Einzelvortrag
Raum: Raum 8