Prävention & Demokratieförderung
20/21 Mai 2019
  • 3.133 Kongressteilnehmende und Besucher*innen davon 136 internationale Teilnehmende aus 45 Staaten
  • 296 Referierende
  • 178 Vortragsbeiträge (Vorträge, Forum „Demokratie leben!“, Forum „Politische Bildung“, Projektspots, Presentation on Demand)
  • 13. Annual International Forum (AIF)
  • Präventionsrede 2019 „Polarregionen und Tiefsee: Wie entdecken und schützen wir unbekanntes Leben“ von Prof. Dr. Antje Boetius
  • 2. Prevention-Slam
  • 241 Ausstellungsbeiträge (Infostände, Infomobile, Sonderausstellungen, Poster)
  • 22 Begleitveranstaltungen
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Am 20. & 21. Mai 2019 tagte der Kongress im Estrel Congress Center Berlin zum Schwerpunktthema „Prävention & Demokratieförderung“. Schirmherrin war die Bundesministerin für Familie, Senioren Frauen und Jugend Franziska Giffey. Da der Abendempfang ebenfalls im Estrel Center gehalten wurde, wo auch viele der Teilnehmenden direkt logierten, war es eine Veranstaltung quasi unter einem Dach. Die damalige Bundesjustizministerin, Dr. Katarina Barley, bereicherte die Abschlussveranstaltung mit einem Grußwort.

Aufnahmedatum Videobeitrag: 18. November 2021

25 Jahre Deutscher Präventionstag
Ein Beitrag von Dr. Katarina Barley

Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments

„Hallo und herzliche Grüße aus dem Europäischen Parlament in Brüssel!

Zunächst einmal ganz herzlichen Dank an den Deutschen Präventionstag zum 25-jährigen Jubiläum. Es ist mir eine große Freude, mich heute aus diesem Anlass zu dem so wichtigen Thema der Prävention zu Wort melden zu können.

Wie wichtig Prävention ist, das haben wir alle in den vergangenen zwei Jahren unter ganz besonderen Bedingungen diskutiert, nämlich unter dem Aspekt der Gesundheit. Durch die Pandemie und das Corona-Virus ist eine völlig neue, globale Gefährdungslage entstanden, die uns alle in Deutschland und hier in der EU viel zu unvorbereitet getroffen hat.

Moderne und grenzüberschreitende Prävention kann helfen, auf kommende Krisen und Herausforderungen besser vorbereitet zu sein. Diese Herausforderungen betreffen eine ganze Reihe von sehr unterschiedlichen Bereichen: Cyber-Angriffe beispielsweise,  Desinformation, Terrorismus. In all diesen Bereichen sehen wir Gefährdungslagen, denen wir bereits jetzt mit einer effektiven Prävention entgegentreten können und müssen. Solch eine effektive Prävention verlangt einen Blick nach vorn, vorausschauend, aber natürlich auch den Blick nach hinten, um zu lernen aus den Fehlern, aber natürlich auch aus den Erfolgen der Vergangenheit. Jede Vorbereitung, die wir treffen, muss auf den vergangenen Erfahrungen beruhen. Wir brauchen evidenzbasiertes Handeln. Nur so können unsere Fehler und Erfolge – zum Beispiel in der Corona-Pandemie – Wegweiser für die künftige Krisenprävention sein. Was wir gelernt haben, schmerzlich gelernt haben, auch in der Corona-Krise ist, dass ein Rückzug auf das Nationale uns nicht hilft. Und das gilt in den allermeisten Bereichen. Im Gegenteil, wir brauchen grenzüberschreitende Zusammenarbeit, mindestens europäisch, meistens auch global, um Krisen effektiv bekämpfen zu können. Denken wir nur an die Klimakrise oder das World Wide Web, das nicht umsonst so heißt. So haben wir es bei der Corona-Krise gehalten und tun es noch. Die Beschaffung von Impfstoffen durch die EU ging ruckelig los. Aber die gemeinsame Koordinierung von Reisebestimmungen, die schnelle Bereitstellung finanzieller Hilfen und auch die Einigung auf ein gemeinsames Covid-Zertifikat sind Maßnahmen, auf die wir stolz sein können und auf die wir bei künftigen Pandemien zurückgreifen können, von denen wir natürlich hoffen, dass sie nicht vorkommen werden.

Gleichzeitig merken wir, dass wir noch stärker in solchen Fragen zuhören müssen. Und zwar den Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft. Hier sehen wir ganz schwierige Entwicklungen, wenn es darum geht, verschiedene Meinungen zu gewichten. Wir sehen Herausforderungen wie Fake-News und Verschwörungstheorien. Und wir sehen auch Diskussionen in den Medien: Wie gehen wir um mit den Einen, die die Wissenschaft vertreten, und den Anderen, die sich darauf nicht stützen wollen? Sind das gleichwertige Meinungen, die man gleichwertig präsentieren muss? Hierüber gibt es großen Streit und ich finde, wir müssen dort als Gesellschaft auch klarer werden.

Wir müssen die Wissenschaft auch herausziehen aus dem Elfenbeinturm, beziehungsweise sie muss heraustreten. Das tut sie durch die Pandemie. Das ist eine Errungenschaft, die wir uns bewahren müssen.

Die besten Präventionskonzepte bringen allerdings nichts, wenn wir nicht über die geeigneten Ressourcen verfügen, um diese Konzepte auch umzusetzen. Prävention, auch die Kriminalprävention, benötigt gut ausgebildetes, motiviertes, gut ausgestattetes Personal. Gerade im Bereich Kriminalprävention. Polizist*innen, Staatsanwält*innen, Mitarbeiter*innen von Behörden sind immer wieder Anfeindungen, Bedrohungen, sogar tätlichen Angriffen ausgesetzt und verdienen unseren größten Respekt. Den erreicht man nicht nur mit Worten, sondern auch durch Taten. Durch bessere Arbeitsbedingungen, durch eine angemessene Entlohnung für die Personen, die sich diesen Gefahren aussetzen müssen.

Was wir auch brauchen, sind die richtigen Rechtsgrundlagen. Auch die müssen wir immer wieder überprüfen und anpassen. Im Moment liegt unser Fokus, was Prävention betrifft, ganz stark auch auf den jungen Menschen, auf den Schulen. Auch dort müssen wir mehr einsetzen. Die effektivste Prävention erfolgt durch Aufklärung und zwar am besten in jungen Jahren. Wir müssen den jungen Menschen vermitteln, dass Hass, Rassismus, Anfeindungen sich weiterentwickeln: aus Worten werden Taten. Wir sehen eine nie dagewesene Polarisierung des politischen Diskurses, vor allen Dingen auf Social-Media, wo sich vor allen Dingen auch junge Menschen tummeln. Wir müssen dafür sorgen, dass in den Schulen solche Themen angesprochen werden, sowohl die tagesaktuellen politischen als auch der Umgang mit Social-Media, Hate-Speech und Fake News.

Und wir müssen uns schützen, indem wir den Staat und die Strukturen stärken, die unsere Demokratie und unsere Rechtsstaatlichkeit schützen. Ohne diese beiden Grundpfeiler kann sich kein Staat vor künftigen Angriffen und Gefahren schützen. Das gilt auch auf der Ebene der Europäischen Union. Die Europäische Union sieht sich Angriffen von außen ausgesetzt was Rechtsstaatlichkeit und Demokratie betrifft, aber eben auch von innen. Es ist wichtig, dass wir sie klar benennen und das wir einig sind, dass wir alle in dieselbe Richtung schauen und das gleiche Ziel verfolgen.

Vielleicht war die Bedeutung von Prävention noch nie so groß wie heute. Neue und teils unbekannte Bedrohungen, auch gerade durch das Netz, haben bei vielen ein neues Gefühl der Angst und der Unsicherheit ausgelöst. Für andere ist gerade dieses Netz der Ort, wo sie sich frei fühlen alles einzubringen, was sie möglicherweise auch an wirren Thesen vertreten. Prävention kann der Angst entgegenwirken und kann unsere Gesellschaft widerstandsfähiger machen gegen Fake-News und Hate Speech. Prävention ist essenziell für unsere Sicherheit. Repressionen und Strafverfolgung sind wichtig, bewahren uns aber nicht vor künftigen Angriffen. Das kann nur eine effektive Prävention.

Wer sich konstant bedroht fühlt, handelt nicht frei. Auch das ist eine Aufgabe von Prävention: Menschen die Sicherheit zu geben, dass sie gesehen werden, dass sie unterstützt werden, wenn sie sich selbst gegen solche Bedrohungen wenden.

Der Deutsche Präventionstag widmet sich seit Langem diesem Thema und ich bin sehr beeindruckt, auch von der Breite in der dies geschieht. Sie beschränken sich nicht nur auf den Bereich der Kriminalprävention, sondern betrachten es gesamtgesellschaftlich. Vielen herzlichen Dank dafür! Sie tragen so einen sehr wichtigen Grundstein zu Sicherheit und Freiheit bei. Das sind keine Gegensätze.

Für diese wertvolle Arbeit bedanke ich mich ganz herzlich bei Ihnen und wünsche dem DPT auch für die kommenden Jahre das Allerbeste!