31. Zwischenruf: Erich Marks im Gespräch mit Marc von Krosigk

Erich Marks
DPT – Deutscher Präventionstag
Marc von Krosigk
Auridis gGmbH

Heute ist Dienstag, der 14. Juli 2020. Ich bin Erich Marks und als Geschäftsführer des Deutschen Präventionstages freue ich mich über Ihr Interesse an unseren Zwischenrufen zur Prävention.

Zum heutigen Zwischenruf begrüße ich am Telefon Herrn  Marc von Krosigk. Als Geschäftsführer der Auridis Stiftung initiiert und fördert Herr von Krosigk insbesondere die Unterstützung sozial benachteiligter Kinder. Der Schwerpunkt dieser Stiftungsförderungen liegt auf der frühen Kindheit, da die ersten Lebensjahre entscheidend für die geistige, körperliche und soziale Entwicklung von Kindern sind.

Herr von Krosigk, ich grüße Sie herzlich, danke Ihnen für Ihre Bereitschaft zu diesem Zwischenruf und darf Sie zunächst fragen, welche Herausforderungen für die Präventionsarbeit Ihnen aktuell und generell besonders wichtig erscheinen.

Wir sehen es als eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe an, sozial benachteiligte Kinder gezielt zu fördern. In Deutschland wächst nach wie vor ein große Anzahl Kinder unter ungünstigen Bedingungen auf. Ihre individuelle Entwicklung wird durch unterschiedliche Risikofaktoren im familiären und sozialen Umfeld (z.B. Armut, Vernachlässigung, Sucht, mangelnde Erziehungskompetenz) gefährdet. Eine möglichst frühe Verringerung von Risikofaktoren und die gleichzeitige Förderung von Schutzfaktoren (z.B. Zusammenhalt und Anerkennung in der Familie, soziale Kompetenzen, Normen und Wertvorstellungen) erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines Aufwachsens von Kindern im Wohlergehen.

Insofern wäre es im Sinne einer effektiven Prävention wünschenswert, dass Eltern und Kinder möglichst umfassend an Unterstützungsangeboten teilnehmen, die Schutzfaktoren fördern und Risikofaktoren verringern. Allerdings ist zu beobachten, dass gerade benachteiligte Familien häufig von kommunalen Unterstützungsangeboten nicht erreicht werden. Dieses Phänomen wird in der sozialen Arbeit als Präventionsdilemma bezeichnet.

Worin sehen Sie die wesentlichen Ursachen für diese Situation?
Die Ursachen hierfür liegen u.a. auf der strukturellen Ebene des bestehenden kommunalen Unterstützungssystems, z.B. in einer nicht bedarfsgerechten Gestaltung von Angeboten sowie fehlenden, unwirksamen oder räumlich und zeitlich nicht verfügbaren Angeboten.

Eine Antwort hierauf kann die Verbesserung von Kooperations- und Vernetzungsstrukturen in Kommunen sein. Die Vielfalt unterschiedlicher Unterstützungsangebote für Familien geht mit einer Vielzahl unterschiedlicher Akteure einher (z.B. öffentliche Institutionen, Organisationen der freien Wohlfahrtspflege, Sozialunternehmen in privater Trägerschaft). Dies kann dazu führen, dass den Familien keine sinnvollen Empfehlungen zu anderen Angeboten gemacht werden oder Familien mit dem eigenverantwortlichen Übergang zwischen unterschiedlichen Angeboten überfordert sind. Eine Verbesserung der Kooperationsstrukturen zwischen diesen Akteuren kann diesem Problem entgegen wirken.

Ein weiterer Baustein kann die Entwicklung von Lotsenmodellen sein, durch die Familien in passende Unterstützungsangebote vermittelt werden.

Eine effektive Förderung benachteiligter Kinder erfordert zudem wirksame Planungs- und Steuerungsprozesse in Kommunen. Diese wiederum setzen ausreichende Informationen, Kapazitäten und Kompetenzen voraus, die aus vielfältigen und von Kommune zu Kommune unterschiedlichen Gründen nicht überall gegeben sind. Sowohl die zu lösenden sozialen Probleme als auch die zu ihrer Bewältigung erforderlichen Prozesse sind komplex und gute Planungsbedingungen, z.B. detaillierte Informationen hinsichtlich der vorhandenen Unterstützungsangebote, nur selten vorhanden.

Bei diesen erheblichen Herausforderungen benötigen die Kommunen Unterstützung, die seitens Bund und Ländern, aber auch durch Stiftungen erfolgen kann. Die Auridis Stiftung bietet Kommunen und Trägern Unterstützung in den genannten Feldern an, z.B. im Zusammenhang mit dem Auf- oder Ausbau kommunaler Präventionsnetzwerke. Mit Kommune 360° hat die Auridis Stiftung gemeinsam mit der gemeinnützigen Beratungsinstitution Phineo und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung eine Initiative gegründet, die ein bundesweites Netzwerk von Akteuren aus kommunaler Verwaltung, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft knüpfen möchte. Das Ziel ist eine effektivere Unterstützung benachteiligter Familien insbesondere durch Umsetzung integrierter Planungs- und Koordinationsprozesse in Kommunen. 

Darf ich Sie abschließend noch um eine kurze zusammenfassende Aussage zu Ihrem heutigen Anliegen bitten:
Eine große Anzahl Kinder wächst in Deutschland unter stark benachteiligenden Bedingungen auf. Die Benachteiligungsfaktoren sind vielfältig und die zur Lösung der sozialen Probleme erforderlichen Prozesse komplex. Für eine effektive Unterstützung dieser Kinder und ihrer Eltern sind daher erhebliche Anstrengungen der Kommunen erforderlich. Hierbei benötigen die Kommunen zusätzliche Unterstützung, die in erster Linie von Bund und Ländern, aber auch von Stiftungen erbracht werden kann. Dies kann z.B. durch direkte Beratung von Kommunen, durch Angebote der Weiterbildung für kommunale Akteure und durch Förderung der Netzwerkbildung und des Austauschs zwischen Kommunen geschehen. 

Herr von Krosigk, haben Sie herzlichen Dank für diesen Zwischenruf und bleiben Sie gesund.

Auridis Stiftung
Kommune 360°


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