10. Zwischenruf: Erich Marks im Gespräch mit Dr. Martin Schairer

Erich Marks
DPT – Deutscher Präventionstag
Dr. Martin Schairer
Stadt Stuttgart

Heute ist Mittwoch, der 1. April 2020. Ich bin Erich Marks und als Geschäftsführer des Deutschen Präventionstages freue ich mich sehr über Ihr Interesse an unseren Zwischenrufen zur Prävention. Zu unserem heutigen Zwischenruf begrüße ich den Ordnungsbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart, Herrn Dr. Martin Schairer. Herr Dr. Schairer hat sich über viele Jahrzehnte in unterschiedlichen Leitungsfunktionen mit Sicherheitsfragen in der Prävention befasst. Als Jurist hat er nicht nur in der Justiz gearbeitet, sondern hat auch viele Jahre als Polizeipräsident und wirkt im Ehrenamt als Vizepräsident des europäischen Forums für urbane Sicherheitsfragen (EFUS) und des deutschen Forums (DEFUS). Herr Schairer erstmals begrüße ich Sie herzlich zu diesem Zwischenruf und darf Sie zunächst fragen, welche Präventionsaspekte aus dieser Tätigkeit heraus besonders wichtig erscheinen:

Lieber Herr Marks und liebe Hörer, ich begrüße Sie auch. Besonders wichtig erscheint mir die Arbeit der sogenannten Blaulichtgruppe. Sie ist im Augenblick das Rückgrat der Daseinsvorsorge in der Corona-Krise. Die Blaulichtgruppe, was stellt man sich darunter vor? Das sind all diejenigen, die mit Blaulicht unterwegs sind: die Polizei, die Feuerwehr, das DRK, die Johanniter, die Malteser, der Arbeitersamariterbund (ASB), der THW und noch viele andere mehr.

Und was ist Ihr zentrales Anliegen mit Blick auf die, wie Sie sagen „Blaulichtgruppe“?

Die Blaulichtgruppe ist im Moment unverzichtbar für uns. Ich darf kurz schildern, was sie im Moment leistet: Wir richten sogenannte Quarantänehäuser ein. Wir mieten Hotels an, um Menschen unterzubringen, die in Quarantäne müssen. Auch müssen die Infizierten von den übrigen Personen getrennt werden. Dafür brauchen wir Unterbringungsmöglichkeiten. Die Frage stellt sich dabei, wer betreibt diese Hotels und Krankenhäuser? Eben die Blaulichtgruppe. Das THW ertüchtigt manche dieser Häuser, weil diese teilweise lange leer gestanden haben. Dann gibt es die sogenannten Fieberambulanzen, die wir überall in den Städten in der Bundesrepublik haben. Sie prüfen ihre Besucher, ob sie coronaverdächtig sind oder nicht. Auch diese werden von diesen Blautlichtgruppen betrieben. Und diese Arbeit gilt es nun Wert zu schätzen. Warum, werden Sie jetzt fragen, Herr Marks. Ja, es liegt einfach daran, dass in den letzten Jahren wir leider feststellen mussten, dass die Wertschätzung dieser Berufsgruppen stark gesunken ist. Zugeparkte Rettungswege, Gewalt gegen Polizeibeamte und Rettungshelfer sind an der Tagesordnung und werden überall beklagt, nicht ausreichende Rettungsgassen auf den Autobahnen, Behinderung der Retter durch Gaffer, durch Handyfilmer. Diese Auffälligkeiten sind inzwischen leider an der Tagesordnung. In dieser großen Krise, zeigt es sich nun aber, wie wertvoll und wichtig diese Berufsgruppen sind, und zwar im Hauptamt, wie auch im Ehrenamt. Ich finde, das ist einfach ein Zwischenruf wert. Er soll daran erinnern, wie wichtig diese Blaulichtgruppen sind, dass man ihnen Platz macht, dass man sie Wert schätzt und dass man ihnen hilft.

Da machen wir mal ein Ausrufezeichen dahinter. Da Sie den Blick zurückgeworfen haben, wonach wir in der Vergangenheit häufig nicht vernünftige und angemessene Wertschätzung gezeigt haben, möchte ich Sie fragen: Wie schätzen Sie überhaupt die Präventionsarbeit ein in der Vergangenheit, in Bezug auf Pandemien und solche Katastrophen? War sie ausreichend oder nicht? Ich meine die Krise als solche konnte man natürlich nicht vorbereiten, aber das eine oder andere vielleicht doch.

Auf eine Pandemie vorbereitet zu sein, ist eine riesige Herausforderung. Wir in Stuttgart hatten uns schon mal vor über 10 Jahren auf eine Pandemie vorbereitet. Wir haben sehr viele Ausrüstungsgegenstände eingelagert und man hat darüber gelacht. Aber im Verhältnis zu Europa, vielleicht auch zum Großteil der Welt, ist Deutschland als ein Land mit einer hohen Organisationsstruktur und auch einer guten Blaulichtstruktur noch am besten vorbereitet. Aber was wir sträflich vernachlässigt haben, nach Beendigung des Kalten Krieges, ist die Katastrophenschutzvorsorge. Und da sind wir im Moment dabei, nachzusteuern. Denken Sie an die aktuelle Maskendiskussion in den Pflegeheimen, an diejenigen Menschen, die sich um Infizierte kümmern, auch an diejenigen Menschen, die die Daseinsvorsorge aufrechterhalten müssen, z.B. die Müllmänner, die Polizeibeamten, die Rettungssanitäter in den Rettungsfahrzeugen. Wie können wir die schützen, wo sind die Masken, wo ist die Schutzkleidung? Und da haben wir natürlich Defizite. Daraus müssen wir auch Schlüsse ziehen für die Zukunft.

Da ist noch eine kleine Nachfrage zu stellen. Haben Sie jetzt schon einen Merkzettel angelegt, was unter Präventionsgesichtspunkten dringend zu beschaffen ist und zu regeln ist, wenn wir den großen Peak der Krise überwunden haben?

Auf jeden Fall, auf dem Zettel steht das große Thema der Gesundheitsfürsorge. Ich erinnere an das große Thema Impfen. Es ist notwendig, sich rückzubesinnen, was Impfung eigentlich bedeutet. Viele Menschen haben sich nicht mal mehr gegen Grippe impfen lassen! Dann wird daraus zu deuten sein, die Katastrophenschutzstrukturen wieder auszubauen. Bei den Behörden sollte man überhaupt mal wieder Krisen üben. Die Menschen haben sich zu lange in Sicherheit gewiegt.

 

Wir betonen nochmal zum Schluss gemeinsam das Ausrufezeichen, und zwar den Dank an all diejenigen, die in den von Ihnen erwähnten speziellen Blaulichtgruppierungen arbeiten und ich danke Ihnen sehr herzlich, lieber Herr Schairer, für diesen Zwischenruf und wie immer sage ich: Bleiben Sie gesund!

 


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