BDK - Abhängigkeit und Sucht

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Kripo- TIPPS

Ein Ratgeber des Bund Deutscher Kriminalbeamter ABHÄNGIGKEIT UND SUCHT

Liebe Leserinnen und Leser!

Sucht beziehungsweise Abhängigkeit kann überall vorkommen: in der Stadt, auf dem Dorf, zu Hause, am Arbeitsplatz. Und nicht nur die Betroffenen selbst, auch das Umfeld – Familienangehörige, Freunde, Kollegen genauso wie Arbeitgeber oder Nachbarn – bekommen früher oder später die Auswirkungen einer Sucht zu spüren. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, daher braucht es ein Zusammenwirken aller gesellschaftlichen Kräfte.

Dabei geht es nicht immer nur um Drogensucht – es gibt verschiedene Abhängigkeiten: vom Internet, von Medikamenten, vom Spielen etc. Das trifft zu, etwa wenn ein Verlangen vorliegt, dem die Kräfte des Verstands untergeordnet sind. Sind Sie selbst in diesem Zustand oder gute Freunde, Familienangehörige, zum Beispiel Ihre Kinder? Stellen Sie fest, dass die Liebsten ihre eigene freie Entfaltung der Persönlichkeit oder ihre sozialen Chancen nicht mehr wahrnehmen? Fragen Sie sich, ob Sie auch bei sich selbst Anzeichen einer Sucht erkennen können – sind Sie zum Beispiel viel zu oft im Internet, vergessen Sie die Zeit, die Sie benötigen, um ein Level in einem bestimmten Spiel zu erhöhen? Nehmen Sie Medikamente tatsächlich so, wie der Arzt es verschrieben hat? Spüren Sie körperlichen Stress, wenn die Tabletten zu Ende gehen? Stellen Sie eine Wesensveränderung bei sich selbst oder bei anderen fest und können diese nicht erklären?

Hilfe in dieser sehr komplexen Thematik soll Ihnen der vorliegende Ratgeber sein. Er wird Ihnen erklären, wie Sie die Symptome einer Sucht erkennen und liefert Hilfe zur Selbsthilfe. Er nennt Hilfsangebote und Organisationen, die alle eines gemeinsam haben: Egal in welchem Bereich Sie selber oder einer Ihrer Liebsten betroffen sind – Sie sind nicht alleine, es wird Ihnen geholfen.

Was haben wir, unsere Kinder und unsere Gesellschaft für Süchte?

Was fördert den Drogenkonsum? Was fördert die Medikamenteneinnahme? Warum sind Teile unserer Gesellschaft über Stunden hinweg in ihrer eigenen Welt im Internet? Ist es Neugierde, sind es Mutproben, liegt es an der Arbeitswelt und einem hieraus entstandenen Stress? Oder ist es ein Hilferuf, ein Schrei: „Ich komm mit dieser Situation nicht klar!“? Haben wir es tatsächlich immer mit einer latenten Suchtgefahr zu tun oder einer Abhängigkeit? Sprechen wir von natürlichen Substanzen, von Drogen oder von ganz anderen Einflüssen, nach deren Wirkung man süchtig oder abhängig wird?

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Vorwort

In aller Regel haben wir es bei den Betroffenen, egal in welchem Alter, mit labilen Menschen zu tun. Menschen, die in ihrer Lebenssituation nicht so einfach klarkommen, die Hilfe und Unterstützung suchen. Diese finden sie unter Umständen in etwas, was wir als Abhängigkeit oder Sucht definieren. Dieser Ratgeber soll helfen, Licht ins Dunkel zu bringen, eigene Fragen zu beantworten und besonnen an das Thema Sucht und Abhängigkeit heranzuführen. Er ist für Kinder und Jugendliche gedacht, für junge Heranwachsende, aber auch für alle anderen. Er soll aufklären, aber nicht mit erhobenem Zeigefinger. Themen wie Cannabis, harte Drogen, synthetische Drogen, aber auch Glücksspielsucht werden genauso angesprochen wie die Abhängigkeit von Medikamenten bei verschiedenen Altersgruppen. Lesen Sie diesen Ratgeber mit Interesse. Seien Sie offen und aufgeschlossen. Nehmen Sie die Hinweise und Tipps wahr und geben Sie sie weiter. Insbesondere im Sinn der Kriminalprävention möchten wir Ihnen einen Wegweiser geben, der Ihnen hilft, viele Ihrer Fragen zu beantworten. Die damit verbundenen Maßnahmen und Hinweise sollen dazu beitragen, persönliche und soziale Kompetenzen zu stärken sowie gesundheitsförderliche Strukturen zu entwickeln und auszubauen.

Ein Ausstieg aus der Sucht eröffnet neue Lebensperspektiven und die Möglichkeit, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sowie die Lebenszufriedenheit zu verbessern. Das Ziel muss sein, Suchterkrankungen vorzubeugen, aber auch jedem Einzelnen bei der Überwindung seiner Abhängigkeit zu helfen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass einer Suchterkrankung ein komplexes Geflecht aus individuellen Vorbelastungen, bestimmten Lebensumständen, Erfahrungen im Umgang mit anderen Menschen, Störungen im emotionalen Gleichgewicht, dem Einfluss wichtiger Bezugspersonen und der Verfügbarkeit von Suchtstoffen zugrunde liegt.1

Herzlichst Ihr

Hans Hülsbeck

Redaktion Kripo-TIPPS

Sprecher Prävention und Opferschutz des BDK Landesverband NRW

1: www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Drogen_und_Sucht/Berichte/ Broschuere/Drogen-_und_Suchtbericht_2019_barr.pdf

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Was Sie in dieser Broschüre finden

1. Was ist Sucht bzw. Abhängigkeit? 5 1.1 Drogen im Wandel der Zeit ............................................................... 6 2. Medikamentenabhängigkeit 8 2.1 Jugendliche und Heranwachsende .............................................. 9 2.2 Erwachsene 10 2.3 Hilfsangebote bei Medikamentensucht .................................... 10 3. Internetsucht 11 3.1 Kinder, Jugendliche und Heranwachsende ..............................12 4. Spielsucht 15 4.1 Kinder, Jugendliche und Heranwachsende ..............................15 4.2 Frauen 16 4.3 Männer ..................................................................................................17 4.4 Hilfsangebote bei Spielsucht 18 5. Drogensucht .............................................................................................. 19 5.1 Cannabis 19 5.2 Kokain................................................................................................... 23 5.3 Crack 25 5.4 Neue psychoaktive Stoffe (NPS) .................................................. 25 5.5 Amphetamine und Metamphetamine (Crystal Meth) 26 5.6 Heroin ................................................................................................... 26 5.7 K. o.-Tropfen ....................................................................................... 27 5.8 Drogensucht in Zahlen.................................................................... 29 6. Alkohol und Nikotin ............................................................................... 32 6.1 Alkohol.................................................................................................. 32 6.2 Nikotin ................................................................................................. 33 7. Gesetzeslage .............................................................................................. 34 8. Prävention.................................................................................................. 36 8.1 Netzwerk .............................................................................................. 36 8.2 Präventionsprojekte ........................................................................ 36 9. Tipps der Kriminalpolizei ..................................................................... 38 10. Wo gibt es Hilfe? .................................................................................... 40 11. Impressum ............................................................................................... 42 4

1. Was ist Sucht bzw. Abhängigkeit?

Unter Sucht versteht man ein bestimmtes Verhaltensmuster, das mit einem unwiderstehlichen, wachsenden Verlangen nach einem bestimmten Gefühls- und Erlebniszustand beschrieben wird. Grundsätzlich kann jeder Mensch süchtig werden. Da Sucht nicht auf den Umgang mit bestimmten Stoffen beschränkt ist, kann jede Form menschlichen Verhaltens zur

Sucht werden (z. B. Arbeitssucht, Spielsucht, Esssucht, Verlangen nach sexueller Befriedigung). Jede Sucht entsteht über den Prozess: Erfahrung – Wiederholung – Gewöhnung – Missbrauch.

Da der Begriff Sucht sehr unspezifisch ist, wurde er in Bezug auf stoffgebundene Süchte (Sucht nach Nikotin, Tabletten,

Im offiziellen Sprachgebrauch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) existierte der Begriff „Sucht“ (nur) von 1957 bis 1964. Danach wurde er durch „Missbrauch“ oder „Abhängigkeit“ ersetzt. In wissenschaftlichen Arbeiten wird der Begriff „Sucht“ daher nicht mehr verwendet, umgangssprachlich und in anderen Bereichen wie zum Beispiel in der Definition des Blauen Kreuzes ist seine Verwendung dagegen weiterhin üblich:2 2:

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http://lexikon.stangl.eu/632/sucht/

Drogen, Alkohol …) durch den Begriff Abhängigkeit ersetzt. Hier ist die Definition der Abhängigkeit durch die Weltgesundheitsorganisation in Fachkreisen und den Krankenkassen zum Standard geworden. Abhängigkeit wird dabei allgemein definiert, eine genauere Festlegung erfolgt durch die Angabe, von welcher Substanz eine Abhängigkeit besteht. Für die Abhängigkeit werden sieben Kriterien angegeben, von denen mindestens drei erfüllt sein müssen, um eine Diagnose stellen zu können:

» Starkes Verlangen, die Substanz (z. B. Alkohol) zu konsumieren

» Schwierigkeiten, die gefassten Vorsätze in Bezug auf Menge, Art und Häufigkeit des Substanzkonsums einzuhalten (Minderung der Kontrollfähigkeit

» Körperliche Beschwerden bei Reduzierung der Konsummenge oder bei Beenden des Konsums (Entzugserscheinungen)

» Zunahme des Konsums, ohne dass die Wirkung der Substanz zunimmt (Toleranzentwicklung)

» Immer einförmiger werdende Konsumgewohnheiten (eingeengtes Konsummuster)

» Vernachlässigung anderer Interessen, z. B. Familie, Hobbys, Freunde, Beruf

» Fortsetzung des Konsums trotz des Wissens um bereits eingetretene Schäden körperlicher, seelischer oder sozialer Art

Bemerkenswert an dieser Definition ist die Tatsache, dass nicht alle Kriterien erfüllt sein müssen, um abhängig zu sein. Es werden auch keine Trinkmengen

angegeben und der Substanzkonsum muss nicht zwingend täglich erfolgen. Im Zentrum der Definition steht die Frage, welchen Stellenwert und welche Bedeutung das Suchtmittel im Leben des Betroffenen, in seinem Denken, Fühlen und Handeln einnimmt. Nur durch eine ehrliche und selbstkritische Beantwortung dieser Frage kann der Betroffene für sich klären, ob er abhängig ist oder nicht. Laborwerte oder medizinisch-psychologische Befunde geben hierüber keine sichere Auskunft.

1.1 Drogen im Wandel der Zeit

Berauschende Substanzen spielen in der Geschichte der Menschheit schon immer eine bedeutende Rolle. Schon 12 000 Jahre alte Felszeichnungen aus der Sahara geben Hinweise darauf, dass Menschen bereits damals berauschende Pilze einnahmen. Ähnliche Darstellungen finden sich in Sibirien, Papua-Neuguinea, Spanien und als Skulpturen in Guatemala und Indien. Auch einige Totenkulte der Steinzeit entstanden unter dem Einsatz von Rauschmitteln. Bewusstseinsverändernde Pflanzen sind seit der Antike bekannt. Im westlichen Zentralasien wurde bereits um 6000 v. Chr. Weinanbau und Verarbeitung betrieben. Im 4. Jahrtausend v. Chr. begann in Vorderasien die Kultivierung des Schlafmohns, von wo aus dieser sich im Mittelmeerraum und in Asien bis nach China verbreitete. Auch im Alten Ägypten wurden natürliche Opiate konsumiert. Spätestens 3000 v. Chr. wurde im Alten Ägypten und in Mesopotamien Bier gebraut, das im Prozess der Zivilisation ein wichtiger Faktor wurde. Den Hochkulturen des Altertums verhalf es als Volksgetränk zu Aufstieg und Blüte. Historische und kulturvergleichende Quellen belegen, dass die Einnahme von psychoaktiven

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Substanzen ein allgegenwärtiges Phänomen darstellt, das unabhängig von Zeit und Ort in verschiedenen Kulturen zu finden ist. Psychoaktive Substanzen wurden wahrscheinlich in nahezu allen Kulturen als Medizin, zur Entspannung, für rituelle Zwecke oder zur Steigerung der Ausdauer und zur Bekämpfung von Hungergefühlen und noch vielem mehr genutzt. Den meisten Kulturen waren jedoch nur eine oder sehr wenige Substanzen und deren Wirkungen bekannt. In westlich geprägten Gesellschaftssystemen besitzt vor allem der Alkohol eine lange Konsumtradition. Im Mittelalter und in der Antike wurden neben den bekannten, angenehmen Rauschwirkungen hauptsächlich die nährenden Eigenschaften des Alkohols sowie seine desinfizierende Wirkung geschätzt.3

Im frühen 19. Jahrhundert richtete sich die medizinische Forschung zunehmend darauf aus, mit neuen pharmazeutischen Methoden Medikamente zu entwickeln. Bereits im Jahr 1804 war es dem deutschen Apotheker Friedrich Sertürner gelungen, Morphium aus Opium herzustellen. In der Folge gelangten medizinische Produkte mit Morphium auf den Markt und machten viele Menschen abhängig. Im Jahr 1860 isolierte der Che-

miker Albert Niemann Kokain aus Blättern des Coca-Strauchs. Aufgrund seiner schmerzstillenden Wirkung wurde es als Lokalanästhetikum, aber auch zur Behandlung von Morphinabhängigkeit eingesetzt. In den USA kam kokainhaltiger Wein auf den Markt, und die Originalrezeptur des Erfrischungsgetränks CocaCola enthielt bis zur Jahrhundertwende kokainhaltige Coca-Blätter. Im Jahr 1898 brachte die Firma Bayer ein als ungefährlich angenommenes Mittel auf den Markt, das vor allem als Hustenmittel populär wurde: Heroin. Als wenige Jahre später festgestellt wurde, dass Heroin noch schneller als Morphium abhängig macht, wurde der Vertrieb eingestellt. 1938 brachten die Berliner Temmler-Werke Methamphetamin unter dem Markennamen Pervitin auf den Markt, das bis 1988 hergestellt wurde. Galten diese Stoffe zunächst als Heilmittel, so wuchs mit zunehmender Verbreitung das Bewusstsein für ihre Gefahren. Drogen haben die Medizin zweifellos revolutioniert; viele der heute gebräuchlichen Medikamente sind aus Rauschgiften entstanden. Andererseits führte die Suche nach Ersatzstoffen zur Entwicklung von Substanzen, deren Anwendung bisweilen noch gefährlichere Auswirkungen auf den Menschen haben als das Original.

3: https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/bitstream/handle/10900/43966/pdf/Endversdiss2.pdf?sequence=1&isAllowed=y, Seite 23 ff.

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2. Medikamentenabhängigkeit

Oft steht nur der Konsum von Rauschmitteln wie Kokain oder Heroin im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Weniger spektakulär, aber ähnlich riskant, ist dagegen die Sucht auf Rezept, die Medikamentenabhängigkeit. Suchtpotenzial haben etwa fünf bis sechs Prozent der häufig verordneten Medikamente. Zu dieser Gruppe gehören zum Beispiel Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmittel.

Eine Medikamentenabhängigkeit entsteht meist schleichend, leise und unauffällig. Wie bei anderen Süchten auch, spielen dabei vielfältige persönliche und soziale Faktoren eine wichtige Rolle. Beispielsweise greifen viele Betroffene gerade nicht wegen eines Rauschzustands zu Medikamenten. Vielmehr versuchen sie so, Beschwerden wie Schmerzen oder Schlafstörungen zu überwinden. Seltener kommt es vor, dass beispielsweise von Alkohol, Heroin oder Kokain Abhän-

gige Arzneimittel verwenden, um Entzugssymptome zu „behandeln“ oder die Drogen zu ersetzen. Ein nicht zu unterschätzendes Suchtrisiko besitzen Appetitzügler. Diese Medikamente enthalten unter anderem Amphetamine und dessen Abkömmlinge. Diese hemmen nicht nur den Appetit, sondern wirken auch aufputschend. Selbst frei verkäufliche Medikamente wie einige Schmerzmittel sind nicht ohne Gefahr. Vor allem, wenn sie neben schmerzstillenden Substan-

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zen anregend wirkendes Koffein enthalten. Wer häufig Schmerzmittel einnimmt, um trotz andauernder und einschränkender Schmerzen leistungsfähig zu bleiben, trägt ein besonders hohes Risiko für eine spätere Abhängigkeit. Experten empfehlen daher, freiverkäufliche Schmerzmittel nicht länger als drei Tage hintereinander und nicht mehr als zehnmal im Monat zu verwenden. Bei anhaltenden Beschwerden ist ärztlicher Rat gefragt, denn es gibt keine einheitliche Symptomatik für Medikamentenabhängigkeit.

2.1 Jugendliche und Heranwachsende

Der „Weser Kurier“ berichtete am 29.09.2020:4 „Schmerzmittel sind medizinisch ein Segen. Werden sie aber als Droge missbraucht, kann das schlimme Folgen haben. Unter Jugendlichen ist derzeit vor allem Tilidin beliebt – eine Droge, die beruhigt und Kummer vertreibt. Rapper thematisieren es vielfach in ihren Songs, und ein Geständnis des Musikers Capital Bra zu seiner Medikamentenabhängigkeit machte kürzlich medial die Runde.“

Der Konsum des verschreibungspflichtigen Schmerzmedikaments Tilidin erlebt seit geraumer Zeit eine Art Revival bei Jugendlichen, transportiert und nach Expertenansicht auch befördert durch die Stars der Rapkultur und ihren Songs wie „Tilidin“ von Capital Bra und Samra oder „Tilidin weg“ von Bonez MC.

Gerade in der Hip-Hop-Szene – unter anderem auch durch Bekanntwerden von prominenten Betroffenen – verbreitet sich die Substanz zurzeit“, warnt Mau-

rice Cabanis, Leitender Oberarzt der Klinik für Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten am Klinikum Stuttgart. „Zudem sind Schmerzmittel derzeit zu einer Lifestyle-Droge geworden, die zunehmend von Jugendlichen und jungen Erwachsen konsumiert wird.“ Die Gefahren beim Missbrauch von Schmerzmitteln als Droge würden unterschätzt. Zur Hochrisikogruppe gehören seinen Erfahrungen zufolge vor allem Jugendliche und junge Erwachsene, die aus prekären Lebenssituationen kommen. Etwa, wenn sie vernachlässigt oder misshandelt wurden oder sexuelle Gewalt erleben mussten und traumatisiert sind. „Opioide bringen ein warmes und geborgenes Gefühl, das man zu Hause vielleicht nie hatte und nie gespürt hat“, sagt Cabanis. Wenn Tilidin dann in der Szene oder in Songs als Superdroge verherrlicht werde, sei dies fatal. Denn Tilidin könne süchtig machen; der Entzug sei je nach Konsummenge quälend, verbunden etwa mit starken Muskelschmerzen, Erbrechen, Unwohlsein, Zittern und Schwitzen.

Tilidin als Droge ist dabei kein neues Phänomen. „Es ist, ebenso wie Codein, eine Substanz, die in der US-amerikanischen Rapszene schon seit Jahrzehnten präsent ist und seit wenigen Jahren auch von Deutschrapkünstlern populär gemacht wird in Texten und den Videos“, erklärt Philipp Weber, Dienststellenleiter der Stuttgarter Suchtberatungsstelle Release U21 für junge Menschen unter 21 Jahren. Auch jenseits der Musik sei Tilidin in bestimmten Szenen schon lange bekannt: etwa bei Sportarten wie Fußball, wo körperliche Auseinandersetzungen eine große Rolle spielen – „weil das Medikament

4: www.weser-kurier.de/startseite_artikel,-tablettensucht-was-tilidin-bei-jugendlichen-anrichtet-_arid,1936191.html

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angstfrei macht, man risikobereiter wird und auch nicht so schnell Schmerzen verspürt“, erklärt Weber.

Die Datenlage zum Tilidinkonsum von Jugendlichen ist schwierig. Zwar gebe es gute Hinweise beispielsweise aus dem Arzneiverordnungsreport von 2016, sagt Thomasius. „Darin ist für die Zeit zwischen 2006 bis 2015 eine Zunahme von 30 Prozent der definierten Tagesdosen an Opioid-Analgetika, zu denen Tilidin gehört, beschrieben.“ Das Problem sei aber nicht ausreichend wissenschaftlich erfasst. „Wir klammern das Problem des Medikamentenmissbrauchs bei Jugendlichen bisher aus.“

2.2 Erwachsene

Ungefähr 70 Prozent der Medikamentenabhängigen sind Frauen, vor allem mittleren und höheren Alters. Sie sind besonders gefährdet, denn sie leiden häufiger als Männer unter Depressionen, Schlafund Angststörungen sowie chronischen Schmerzen. Entsprechend kommen Frauen auch mehr mit Medikamenten in Kontakt, die abhängig machen können. Darüber hinaus greifen vor allem Frauen auf aktivierend wirkende Appetitzügler zurück, meistens um dem gesellschaftlichen Frauenbild oder Schönheitsidealen zu entsprechen.

Neben vielen anderen Faktoren erklären Rollenbild und Erziehung möglicherweise auch, weshalb Frauen generell häufiger Tabletten einnehmen. Besonders in psychisch belastenden Situationen verwenden sie lieber Medikamente, während Männer ihre Sorgen eher mit Alkohol bekämpfen. Untersuchungen haben zum Beispiel ergeben, dass etwa acht Prozent der über 70-jährigen Frauen dauerhaft Benzodiazepine verordnet bekommen. Insgesamt soll, so eine andere Studie, fast ein Viertel der über 70-Jährigen –Männer und Frauen – psychoaktive Substanzen erhalten, die die meisten länger als ein halbes Jahr einnehmen. Sie sollen helfen gegen Minderwertigkeits- und Schuldgefühle, Konzentrationsstörungen, Appetitlosigkeit und Schlafstörungen. Schätzungsweise fünf Prozent aller Menschen leiden darunter. Frauen sind doppelt so oft betroffen wie Männer.

2.3 Hilfsangebote bei Medikamentensucht

Adressen von örtlichen Hilfeangeboten vermittelt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) e. V., Westenwall 4, 59065 Hamm, Telefon: 02381 9015-0, Fax: 02381 901530, E-Mail: info@dhs.de, Internet: www.dhs.de

Benzodiazepine

Benzodiazepine werden bei einer Vielzahl von Indikationen als Medikamente eingesetzt, unter anderem bei Schlafstörungen, Angststörungen, Phobien, Epilepsie, Schizophrenie, Muskelspasmen, Alkoholentzugssyndrom. Außerdem verwendet man sie häufig zur Prämedikation vor chirurgischen Eingriffen. Die meisten Benzodiazepine sind nicht zur Dauerbehandlung zugelassen.

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3. Internetsucht

Ob per Smartphone oder PC: Vor allem Jugendliche werden schnell in den Bann der virtuellen Welt gezogen. Freunde, Familie und die Schule verlieren an Bedeutung. Die Abschottung von der Wirklichkeit hat weitreichende Folgen für das soziale und berufliche Leben sowie auf die Gesundheit. Wenn die reale Welt in den Hintergrund rückt, bedroht das Internet sowohl die geistige als auch die körperliche Gesundheit.

Das Phänomen des krankhaften (pathologischen) Computer-, Handy- und Internetgebrauchs ist noch relativ jung und wird daher erst seit einigen Jahren erforscht. Die Internetsucht, auch Handysucht oder Onlinesucht genannt, gehört zu den Verhaltenssüchten. Anders als bei der Alkohol- oder Drogensucht macht nicht der Konsum eines Stoffes abhängig, sondern das Verhalten selbst wird zur Obsession. Bei einer Internetsucht nutzen die Betroffenen das Internet so exzessiv, dass sie

dafür andere Lebensbereiche vernachlässigen. Internetsüchtige schenken Hobbys, Freunden und Familie, Schule und Beruf kaum noch Aufmerksamkeit. Trotz der enormen Auswirkungen des süchtigen Verhaltens auf das Leben können die Betroffenen nicht mehr damit aufhören. Die Sucht verselbstständigt sich und das Verhalten wird zum Zwang.

Grundlegend werden zwei Formen einer Internetsucht unterschieden: die genera-

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lisierte und die spezifische Internetsucht. Generalisiert bedeutet: Die Betroffenen nutzen verschiedene Internetangebote (Chat, Nachrichten verfolgen, Spiele) gleichzeitig und gleich oft – wobei Stunden über Stunden vergehen. Spezifisch heißt: Es gibt eine bestimmte Nutzungsform des Internets, die deutlich im Vordergrund steht. Die am häufigsten beobachteten Formen ist die exzessive Nutzung von

» Onlinespielen (z. B. Rollenspiele wie „League of Legends“)

» Onlineglücksspielen (z. B. Onlinepoker oder ähnliche Casinospiele)

» Onlinepornografie

» Onlineshopping

» Onlineplattformen zur Kommunikation (z. B. soziale Netzwerke und Messenger wie Facebook, WhatsApp oder Instagram).

3.1 Kinder, Jugendliche und Heranwachsende

Das Internet ist allgegenwärtig. Gerade wenn Kinder und Jugendliche ein Smartphone besitzen, gehört das Onlinesein zum Alltag. Die meisten sind nach eigenen Schätzungen (vornehmlich mit dem Handy) mehrere Stunden im Netz (siehe aktuelle KIM- und JIM-Studien5). Die Zahl an Personen mit Tendenzen zu einer Abhängigkeit fällt jedoch wesentlich geringer aus. Sie ist aber nicht zu unterschätzen. Internationale Studien und Statistiken gehen von einer Verbreitung der Internetsucht von einem bis acht Pro-

zent in der Gesamtbevölkerung aus. In Deutschland liegt die Verbreitung einer problematischen Nutzung bei einem Prozent der Bevölkerung. Es zeigt sich jedoch, dass Jugendliche und junge Erwachsene mit ca. 3,5 Prozent häufiger betroffen sind (laut PINTA-Studie von 2013 des Bundesministeriums für Gesundheit). Einen Standard bezüglich der Diagnosekriterien einer Internetsucht gibt es noch nicht.

Folgende Verhaltensauffälligkeiten werden häufig mit einem problematischen oder suchtartigen Internetgebrauch assoziiert:6

» Fehlt die Möglichkeit, online zu sein, tauchen vermehrt Gefühle wie Gereiztheit, Traurigkeit oder Ängstlichkeit auf

» Um sich gut zu fühlen, muss immer mehr Onlinezeit aufgebracht werden

» Versuche, die eigene Nutzung zu kontrollieren und sich an Regeln zur Nutzungszeit zu halten, bleiben erfolglos

» Onlinespiele, Chatten und/oder sich in sozialen Medien zu präsentieren wird früheren Hobbys und Freizeitbeschäftigungen vorgezogen

» Trotz bereits entstandener Schwierigkeiten wird der Computer, das Tablet, die Konsole oder das Smartphone weiter genutzt

» Die Dauer der Zeit im Netz wird verschwiegen oder falsch dargestellt

» Man verbringt seine Zeit im Internet, um negative Stimmung zu vermeiden oder vor negativen Gefühlen zu flüchten

5: www.mpfs.de/startseite | 6: nach Brand, M. & Laier, C.: „Neuropsychologie der pathologischen Internetnutzung. Sucht“, 59, Online veröffentlicht, Juni 20, 2013 S. 143–152.

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» Die Leistung in der Schule oder der Kontakt mit Freunden, Mitschülern und Angehörigen leidet infolge der genannten Handlungen

Sollten Eltern gleichzeitig mehrere der aufgeführten Verhaltensweisen bei ihrem Kind beobachten, kann dies auf eine Problematik hindeuten. Eine zuverlässige Diagnose kann jedoch nur von ausgebildeten Fachtherapeuten gestellt werden – und diese entscheiden dann auch, welche Therapie gegebenenfalls vonnöten ist.

Was kann ich als Mutter, Vater oder Erziehender vorbeugend tun?

a) Akzeptieren und tolerieren

Das Internet bietet Kindern und Jugendlichen viele Vorteile und bereichernde Möglichkeiten im Alltag – sofern sie es richtig nutzen. Eltern sollten akzeptieren, dass sich Kommunikationswege, Informationssuche oder auch Unterhaltungsmöglichkeiten im Laufe der Zeit verändert haben und diese nicht zwangsläufig zu verteufeln sind.

b) Medien verstehen lernen

Eine aktive Auseinandersetzung mit den Nutzungsmöglichkeiten und attraktiven Merkmalen der „neuen“ Medien ist wichtig – für Kinder ebenso wie für ihre Eltern. Aber auch eher unangenehme Themen wie Internetsucht und mögliche Vorsorgemaßnahmen müssen angesprochen werden. Das bedeutet, dass sich Eltern und Erziehende mit den verschiedenen Medien befassen müssen: Was macht der Nachwuchs im Netz? Mit welchen Inhalten wird er konfrontiert? Welche Funktion nimmt das Onlinesein im Alltag ein?

c) Kindern beibringen, ihr Internetverhalten zu überprüfen und zu regulieren

Neben der Vermittlung technischen Wissens rund um das Internet sollte den Mädchen und Jungen gezeigt werden, wie sie ihr eigenes Verhalten reflektieren und regulieren können. Praktisch gesprochen umfasst dies die Fähigkeiten

» sich angemessen mit anderen über Chats, Messenger und soziale Medien auszutauschen

» sich nicht von unbekannten Inhalten fehlleiten zu lassen

» sich genau zu überlegen, welche Informationen man über sich selber preisgibt

» die eigene Nutzung kritisch zu betrachten und gegebenenfalls einzuschränken

Diese Herangehensweise macht deutlich, dass es vor allem soziale und kommunikative Kompetenzen sind, die vor einer unkontrollierten Internetnutzung schützen: ein angemessenes Kommunikationsverhalten, die Fähigkeit, konstruktiv Konflikte zu lösen und auch selbst das eigene Verhalten einschätzen zu können. Wichtig ist: Im Onlinebereich gelten hinsichtlich Kommunikation die gleichen Regeln wie im normalen Umgang miteinander. Auch sollte das Internet nicht dazu dienen, vor Problemen zu flüchten. Mädchen und Jungen sollten alternative Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt bekommen, die dabei helfen, Schwierigkeiten (zum Beispiel im Umgang mit anderen) zu bewältigen.

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d) Selbstregulation: den eigenen Medienkonsum überprüfen und regulieren

Bei der Frage nach der Wichtigkeit der Onlinemedien sind nicht nur die Jüngeren gemeint. Auch Erwachsene sollten sich überlegen, welche Vorbildfunktion sie einnehmen und welche Bedeutung diese Medien eigentlich für sie selber haben. Selbstregulation ist eine Fähigkeit, die schon im frühen Alter in verschiedenen Situationen vermittelt wird: sei es die Frage nach der Anzahl der Süßigkeiten, die gegessen werden dürfen, oder das Teilen von Spielzeug mit anderen Kindern. Solche Situationen erziehen Kinder dazu, sich nicht einem maßlosen Konsum hinzugeben, sondern bestimmte Dinge und Verhaltensweisen einzuschränken.

Dies ist der gleiche Ansatz, der auch beim Medienkonsum verfolgt werden sollte. Es empfiehlt sich, die Internetnutzung nicht als Instrument der Belohnung oder Bestrafung einzusetzen. Vielmehr sollten Erziehende ihren eigenen Medienkonsum reflektieren und entsprechend Vorbild sein. Ein Beispiel: Sitzt die Familie beim Abendessen zusammen, ist es wenig sinnvoll, dem Kind die Nutzung des Smartphones zu verbieten, während gleichzeitig der Fernseher angeschaltet ist, weil der Erwachsene während des Essens die „Sportschau“ sehen möchte.

Stellen Sie sich doch einmal folgende Fragen:

» Bin ich selbst in der Lage, beim Mittagessen auf mein Handy zu verzichten?

» Welchen Stellenwert haben WhatsApp, Facebook, einzelne Internetseiten und/ oder Instagram für mich?

» Kann ich meine Nutzung kontrollieren?

Vielleicht konnten Sie die erste und die dritte Frage nicht voll und ganz bejahen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, sich die eigene Mediennutzung anzuschauen und zu reflektieren. Überlegen Sie dann, wie Sie gemeinsam als Familie Regeln aufstellen können, damit Internet, Computer und Smartphone den Alltag nicht beherrschen, sondern bereichern!

Nutzen Sie die Hilfsangebote, die Ihnen unter anderem angeboten werden unter https://erstehilfe-internetsucht.de/ hilfsangebote-finden/

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4. Spielsucht

Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge wird das pathologische, also das krankhafte Glücksspielen als psychische Störung anerkannt. Sie ist bei Frauen wie Männern durch ein andauerndes, wiederkehrendes und oft noch gesteigertes Glücksspielverhalten definiert, das trotz negativer persönlicher und sozialer Konsequenzen wie Verschuldung, Zerrüttung der familiären Beziehungen oder Beeinträchtigung der beruflichen Entwicklung fortgeführt wird. Im Rahmen einer Studie von Bode und Stöwe 2008 waren 0,56 Prozent der Deutschen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren krankhaft glücksspielsüchtig. Nur 19,2 Prozent davon waren weiblich. Der Zugang zu Wetten und Glücksspielen gestaltet sich heute so einfach wie selten zuvor. Wer um Geld spielen möchte, muss dafür kein Casino mehr

aufsuchen, sondern kann stattdessen eines der (vor allem im urbanen Raum) zahlreichen Wettbüros oder Automatencasinos besuchen. Die zunehmende Digitalisierung hat dazu geführt, dass auch im Internet immer neue Glücksspiel- und Wettportale gegründet werden, bei denen man sich längst auch über mobile Endgeräte einloggen kann. Damit sind solche Angebote zumindest potenziell immer und überall verfügbar.

4.1 Kinder, Jugendliche und Heranwachsende

Eine zielgerichtete Suchtprävention als auch die Entwicklung konkreter Maßnahmen für pathologische, junge Spieler stellt sich als ausnehmend schwierig dar. Sowohl Wetten als auch Glücksspiele

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sind mitten im jugendlichen Alltag angekommen. Laut der Studie von Bode und Stöwe sagen 90 Prozent der befragten Jugendlichen, dass sie im unmittelbaren sozialen Umfeld, im Kreis ihrer Freunde oder auch der Familie Menschen kennen, die Glücksspiele spielen oder wetten. Deswegen werden solche Spiele nicht als anrüchig wahrgenommen und erfreuen sich auch unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen eines regen Interesses.

Infolge der zunehmenden Digitalisierung aller Lebensbereiche ist das Internet ein Faktor, der gerade aus dem Leben der digital aktiven Jugendlichen nicht mehr wegzudenken ist. Deswegen ist anzunehmen, dass Onlineglücksspiele nicht nur das Glücksspielverhalten Erwachsener, sondern in noch größerem Ausmaß auch das der „Digital Natives“ massiv verändert haben. Dies betrifft vor allem traditionelle Offlinespiele (angefangen bei Lotterie über Casinospiele bis hin zum Poker). Als attraktivste Spiele (erneut unabhängig von der eigenen Nutzung) gelten bei jungen Menschen Lotterieangebote, (Online-)Poker, (Online-)Sportwetten und Casinospiele.7 Poker und Sportwetten nehmen hier aber eine besondere Rolle ein, da sie sich vor allem als privat organisierte Spiele im Freundeskreis großer Beliebtheit erfreuen.

Bei Sportwetten wird dabei in mehr als der Hälfte der Fälle auch im privaten Rahmen Geld eingesetzt, im Fall des Pokers spielt rund ein Drittel um Geld. Relativ weit verbreitet sind zudem echtgeldfreie digitale Angebote, also Spiele, die in ihrer Funktionsweise an klassische Casino-

spiele erinnern, in denen aber kein echtes Geld eingesetzt werden muss. Offensichtlich sind gewinnverheißende Glücksspiele und Wetten, ob im privaten Rahmen oder bei kommerziellen Anbietern, inzwischen fester Bestandteil der Lebenswelten Jugendlicher und junger Erwachsener geworden.

4.2 Frauen

Wie eingangs erwähnt, sind die Krankheitssymptome der Glücksspielsucht bei Männern und Frauen die gleichen, dennoch hat die pathologische Glückspielerin viel mehr mit gesellschaftlicher Verachtung zu kämpfen als ihr männliches Pendant. Im Gegensatz zu männlichen Glücksspielern wird die Glückspielerin ganz anders von ihrer Umgebung und auch von sich selbst beurteilt – eine alles auf eine Karte setzende Risikobereitschaft, eine rastlose Getriebenheit, eine innere Losgelöstheit von zwischenmenschlichen Bindungen widersprechen dem althergebrachten Bild, wie eine Frau und insbesondere eine Mutter sein sollte. Krankhaftes Glücksspiel bei Frauen „fasziniert“ unsere Gesellschaft nicht, sondern es stößt ab. Lügen, Veruntreuungen und Betrügereien als Beschaffungsmaßnahmen für Glücksspiel werden moralisch als besonders verwerflich beurteilt. Entsprechend schwerer als Männer tun sich die betroffenen Frauen dann auch, zu ihren Glücksspielproblemen zu stehen und sich professionelle Hilfe zu holen. Letzteres ist erstaunlich, haben Frauen üblicherweise eher weniger Hemmungen als Männer, zu psychischen Problemen zu stehen und sich deshalb in Behandlung zu begeben.

7: https://jugendkultur.at/wp-content/uploads/Berichtsband_Studie_Jugend_und_Gluecksspiel.pdf

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Pathologische Glücksspielerinnen beginnen in der Regel einige Jahre später als Männer mit dem Glücksspiel. Die krankhafte Symptomatik allerdings entwickelt sich dann wesentlich schneller. Die pathologische Glücksspielerin wird deutlich häufiger als andere Frauen straffällig, aber dennoch erheblich seltener als die männlichen Glücksspieler. Im Gegensatz zu diesen finden wir aber in der Vita der weiblichen Glücksspielerinnen häufiger Partnerschaftsprobleme, körperliche Gewalt, schwere Vernachlässigung, sexuellen Missbrauch und insbesondere Gewalttätigkeit durch die Mütter. Die typische Glückspielerin lebt häufiger in einer problematischen Partnerschaft mit einem ebenfalls glückspielenden, trinkenden und/oder gewalttätigen Partner. Der Suchtverlauf bei der „typischen“ Glücksspielerin entwickelt sich nicht wie die Männer bereits im frühen Erwachsenenalter aus einem Zeitvertreib heraus, sondern zu einem späteren Zeitpunkt zur Vermeidung unerträgliche Gefühle, der Trauer und der Angst.

4.3 Männer

Auch wenn Männer glücksspielen, wird es zum Lebensmittelpunkt. Sie verspielen Geld, vergessen ihre Familie, ihre Freunde, ihre Zukunft, lügen und betrügen, verlieren alles, sogar sich selbst, sind verzweifelt, bekommen Ängste, Depressionen und fühlen sich einsam. Wenn kränkende Erlebnisse im Berufs- oder Privatleben hinzukommen, die am Selbstwert nagen, dann kann der Schritt zum Glücksspiel mit seiner Verheißung des großen Gewinns, der gefühlsmäßigen Ablenkung und der Idee, das Glück zu erzwingen, ganz nah liegen. Besonders wenn am Anfang ein Gewinn gemacht wird und

Männer dies ihren eigenen Fähigkeiten und nicht dem Zufall zuschreiben. Rund

80 bis 90 Prozent aller Menschen, die in Deutschland wegen einer Glücksspielproblematik in eine Selbsthilfegruppe gehen, eine Beratungsstelle aufsuchen oder sich zur stationären Behandlung in eine Klinik begeben, sind Männer. Das Bild vom Glücksspieler gehört zu den besonders ausgeprägten Männerbildern: cool, souverän bis überlegen, ungebunden und erfolgreich bei Frauen.

Glücksspielende Männer und der Zusammenhang daraus resultierender Straftaten

Trotz aller Bemühungen um gerechte Rollenverteilung ist es noch immer meist der Mann, der in einer Partnerschaft mehr Geld nach Hause bringt als die Frau. Fehlt nun dieses Geld durch den unvermeidlichen Verlust bei den Glücksspielen, so ist er gezwungen, Geld zu beschaffen. Häufig sind andere ausweichende Möglichkeiten ausgeschöpft, heimliche Kredite, heimliche Anleihen bei Freunden, Bekannten und Verwandten und heimliche Verkäufe von Hab und Gut. Was bleibt „Mann“ jetzt noch übrig, als sich Geld zur Zahlung von Miete und Lebensmitteln zur Aufrechterhaltung des eigenen und des Familienlebens anderweitig zu beschaffen? Insbesondere bei den nicht organisierten Betrugsdelikten finden sich viele männliche Tatverdächtige, die in ihrer Vita eine Glücksspielsucht vorweisen. Die polizeiliche Kriminalstatistik gibt keine Auskunft über die Motivation der Täter, denn diese ist immer nur durch Befragungen festzustellen. Im Rahmen von Vernehmungen oder weitergehenden Untersuchungen sowie Strafverfahren wird es jedoch deutlich.

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Zitat: „Ich hatte mein Geld beim Glücksspiel verloren und musste doch Geld für die Miete beschaffen.“ „All mein Geld steckt im Automaten.“ „Ich hatte keine Chance mehr, den nächsten Einkauf zu finanzieren.“ Selbst bei Banküberfällen wurde häufig als Motivation vorhergehende Glücksspielsucht genannt.8

Genau wie bei weiblichen Glücksspielern kann hier nur ein offenes Eingestehen der eigenen Sucht mit anschließender Therapie der Weg aus dieser Einbahnstraße heraus sein. Doch wann gesteht sich der Glücksspieler das ein? Ist er bereit, dieses Selbstverständnis nach außen zu tragen oder existiert hier insbesondere beim Mann vermehrt ein Schamgefühl? Ist es nicht wie bei vielen anderen Straftaten im typischen Opferdenken auch so, dass ganz viel Unsicherheit vorherrscht?

» Wie konnte das nur mir passieren?

» Da kann ich doch mit keinem drüber sprechen!

» Ich bin alleine und mir hilft keiner.

4.4 Hilfsangebote bei Spielsucht

Glücksspielsucht ist eine unauffällige und von außen immer sehr schwere und häufig spät erkennbare Störung. Selbst nahe Angehörige bemerken oft erst sehr spät etwas von den gravierenden Problemen: In vielen Bereichen hilft oft ein Selbsttest, doch zur Durchführung eines solchen muss man schon eine gewisse Grenze überschritten haben. Im Themensegment Glückspielsucht sind vor allem

Angehörige, Freunde und Arbeitskollegen gefragt. Denn sie sind diejenigen, die ohne es zu wissen als Erste die Warnzeichen von Glücksspielsucht im nahen Umfeld feststellen:

» versäumte Termine

» Vernachlässigen der sozialen Beziehungen

» häufig Geld leihen

» Verkaufen persönlicher Gegenstände

» Abgleiten in Kriminalität

Durch rechtzeitige Fragestellungen und Intervention ist es immer möglich, erfolgreich Glücksspielsucht abzuwenden.

Hier finden Sie Hilfe:

» www.spielen-mit-verantwortung.de/ hilfe-und-unterstuetzung/

» BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) – Telefonberatung zur Glücksspielsucht mit Unterstützung (Telefon: 0800 1372700, kostenlos und anonym Mo.–Do. 10–22 Uhr, Fr.–So. 10–18 Uhr)

» www.bzga.de/service/infotelefone/ gluecksspielsucht/

» https://wettformat.com/de/wettsucht

» www.automatisch-verloren.de/tr/14archiv-sportwetten/46-sportwettenangehoerige-tipps.html

8: www.welt.de/regionales/duesseldorf/article120643157/Spielsuechtiger-Polizist-scheitert-als-Bankraeuber.html www.svz.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/duemmster-bankraeuber-in-mv-verurteilt-id5559891.html

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5. Drogensucht

Jeder dritte Jugendliche aus suchtbelasteten Familien gerät in die Drogenabhängigkeit. Dies alleine kann jedoch nicht ausschließlich als Grund für den Drogenkonsum herangezogen werden. Folgende Gründe werden immer wieder angeführt:

» Es sind zum einen durchaus die Persönlichkeit, die Stärke des Individuums, aber auch die Lebensumstände und die eigene Wahrnehmung.

» Hinzu kommen einfach nur die Neugierde bzw. der Drang, neue Erfahrungen zu sammeln, oder die leider immer wieder übertriebenen positiven Erzählungen aus dem Freundeskreis.

» Der Umgang mit Alltagsproblemen und eine daraus resultierende Flucht.

» Empfundene oder tatsächliche Überforderungen, sei es im beruflichen Alltag, in der Familie oder auch im schulischen Betrieb.

» Nicht außer Acht lassen darf man auch tatsächlich vorhandene Beziehungsstörungen und die Unfähigkeit, hiermit umzugehen oder ganz einfach Unsicherheit sowie fehlende Konfliktfähigkeit.

5.1 Cannabis

Cannabis ist seit dem 01.04.2024 im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen worden. Dennoch gelten die nachfolgenden Aussagen nach wie vor:

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Um Cannabis ranken sich seit jeher zahlreiche Mythen und Gerüchte in der gesamtgesellschaftlichen Diskussion über illegale Drogen. Cannabis wird häufig als die Einstiegsdroge für den Konsum der sogenannten harten Drogen wie zum Beispiel Heroin angesehen. Dies impliziert die Tatsache, es gäbe weiche und harte Drogen. Ist das die richtige Wortwahl? Ist es nicht seriöser, wenn von legalen und illegalen Drogen die Rede ist? Erwiesen ist, dass fast 90 Prozent der Heroinabhängigen vorher auch Cannabis konsumiert haben. Betrachtet man aber die Cannabiskonsumenten im Allgemeinen, so ist festzustellen, dass nur wenige auf Heroin oder auf andere Drogen umsteigen.

kranken Menschen in Ausnahmefällen zu verordnen. Diese Ausnahmefälle sind klar definiert. So muss der Arzt eine andere Therapie als nicht für sinnvoll erachten und es darf keine dem medizinischen Standard entsprechende Alternative vorliegen. Denkbare Indikationen für eine Therapie mit medizinischem Cannabis sind zurzeit

» Übelkeit und Erbrechen nach Chemotherapie

» Epilepsie

» HIV bzw. Aids mit einhergehender Appetitsteigerung

» Spastizität bei Paraplegie und Multipler Sklerose

Cannabis nicht verharmlosen, Cannabis ist nicht ungefährlich

Es ist unstrittig, dass sich eine körperliche Abhängigkeit entwickeln kann. Häufig sind die unterschiedlichsten Entzugssymptome festzustellen, wie:

» Stimmungslabilität

Cannabis als Medikament

Zahlreiche, mehr oder weniger überprüfte Berichte schreiben von sogenannten Wunderheilungen durch die Einnahme von Cannabis, selbst Krebs soll durch Cannabis bereits vollständig geheilt worden sein. Studien, die das bestätigen, liegen zurzeit nicht vor. Diverse Metastudien betonen jedoch, dass Langzeitstudien zur tatsächlichen Sicherheit und erwiesenen Wirksamkeit von Cannabis als Medizin notwendig sind. Dennoch hat der Gesetzgeber reagiert und aufgrund der seit den 1970er-Jahren laufenden Beobachtungen es den Ärzten erlaubt, Cannabis in pharmazeutischer Qualität schwer-

» Appetitminderung

» Aggressivität

» Angst

» nächtliches Schwitzen

» innere Unruhe

» Reizbarkeit

» insbesondere auch das Verlangen nach erneutem Konsum (Craving)

Dies alles sind nicht nur einfach Abhängigkeiten, das sind massive Krankheiten, die insbesondere den jungen Körper bei Kindern und Jugendlichen massiv schädigen und auch zu seelischer Abhängig-

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keit führen können. Das Zusammenspiel von Konsummenge und Häufigkeit kann weitere individuelle Unterschiede in der Wirkung und negative Folgen hervorrufen. Letztere Erkenntnis, die wissenschaftlich belegt ist, hat zu dem internationalen vollkommen unumstrittenen Konsens geführt, dass in keinem Land der Welt die Cannabisfreigabe für Kinder und Jugendliche gilt.

Konsumvariationen von Cannabis Rauchen

Cannabis wird meistens geraucht. Bei dieser Methode werden die getrockneten Blätter bzw. die Blüten oder Hasch verbrannt und durch eine Pfeife, einer sogenannten Bong, oder im Gemisch mit Tabak in einem „Joint“ inhaliert. Hierdurch kommt es zur schnellsten Wirksamkeit, zumeist sofort und anhaltend für ein bis zwei Stunden. Genau hier liegt aber oft das Problem. Die Wirksamkeit wird häufig als zu kurz beschrieben und so kommt es zu einem mehrmaligen Gebrauch am Tag oder sogar an einem Abend. Gleichzeitig werden durch den Verbrennungsakt weitere Gifte freigesetzt, die nachweislich alle ebenfalls gesundheitsschädlich sind. Dies sind verschiedene Karzinogene und andere giftige Stoffe, zum Beispiel Teer.

Verdampfen (Vaporizing)

Hierbei werden die chemischen Verbindungen der Hanfpflanze, also Cannaboide und das THC in Dampf verwandelt, in dem Cannabis zuvor erhitzt wird. Die Aufnahme der Wirkstoffe in den Blutkreislauf erfolgt rasch. Es wird zwar weniger Cannabis benötigt, aber durch das häufige in Gesellschaft gemeinsame Verdampfen von Cannabis ist es noch schwieriger, Maß zu halten. Zudem gibt es Hinweise zu schweren Lungenschäden durch Vaporizing.9

Lebensmittelverarbeitung

Begriffe wie Haschkekse oder Cookies sind nahezu jedem bekannt. Viele Konsumenten mischen die Reste aus dem Verdampfer oder puren Cannabis in Teigwaren oder nutzen es als Teeaufguss, um so den Konsum zum einen zu verbergen, zum anderen um ihn so vermeintlich gesellschaftsfähig zu gestalten. Diese Art des Konsums ist nicht weniger ungefährlich, da auch hier die gleichen Nebenwirkungen auftreten wie bereits beschrieben.

Weitere Variationen

Auf das gefährliche Dabbing und das noch gefährlichere Extraktionsverfahren mittels Butan-Gas soll hier

Haschisch

Haschisch bezeichnet das Harz, das aus Pflanzenteilen der weiblichen Cannabispflanze gewonnen wird. Es stellt einen oft zu Platten oder Blöcken gepressten Extrakt dar. Verbreitete synonyme Bezeichnungen dafür sind auch Hasch oder Shit. Einzelne Stücke der gepressten Haschischplatten werden oft „Piece“ genannt.

9: www.aerzteblatt.de/nachrichten/108412/E-Zigaretten-Studie-bestaetigt-Vitamin-E-als-Verursacher-von-EVALI)

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nicht weiter eingegangen werden. Während einige Studien zum Ergebnis kommen, Dabbing sei nicht gefährlicher als das herkömmliche Kiffen, warnen andere vor starken Psychosen sowie Schädigungen des Herzens und des Nervensystems. Zusammenfassend kann nur festgestellt werden, dass nicht nur die Konzentration, die Art und Weise des Gebrauchs, sondern auch die Herstellung lebensgefährlich sein kann.10

Cannabiskonsum und Teilnahme im Straßenverkehr

Der Gesetzgeber hat nicht ohne Grund das Führen von Kraftfahrzeugen unter Cannabis-Einfluss oder unter Einfluss berauschender Mittel im Allgemeinen unter Strafe gestellt. Es handelt sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bewährt ist und auch weitere, durchaus schwerwiegenden Folgen mit sich bringen kann. Hierzu ist nicht unbedingt notwendig, dass man mit Cannabis am Steuer erwischt wird: Für Kontrollmaßnahmen der Straßenverkehrsbehörde reicht es, darüber in Kenntnis gesetzt zu werden, dass der Besitzer einer Fahrerlaubnis Cannabis konsumiert. Vorladun-

Dabbing

gen zu einer MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung, ein Begriff aus dem Verkehrsrecht) oder regelmäßige Abgabe von Urin bzw. das Nichterteilen einer Fahrerlaubnis können durchaus die Folge sein. Letzteres sollte zumindest die jugendlichen Konsumenten interessieren: Der lang erwartete „Lappen“ wird einem verwehrt, wenn bekannt ist, dass da jemand Cannabis konsumiert.

THC-Gehalt

Im Dezember 2018 wurde die vielbeachtete Studie „Increasing Potency and Price of Cannabis in Europe 2006–2016“ veröffentlicht.11 Ihr zufolge stieg der Wirkstoffgehalt an THC bei Marihuana von 5 Prozent im Jahr 2006 auf 10,22 Prozent im Jahr 2016. Deutlicher wurde diese Steigerung bei Haschisch (von 8 auf 17,22 Prozent). Umgerechnet auf ein „Preis-Leistungs-Verhältnis“ bedeutet das: von 11,0 Milligramm/Euro zu 16,39 Milligramm/ Euro. Das hierdurch das Risiko steigt, an einer der bereits genannten psychischen Störungen zu erkranken, dürfte jedem klar sein!

Dabbing bzw. oft auch als Dabben bezeichnet, bedeutet frei übersetzt „tupfen“ und beschreibt damit die Bewegung, die beim Erhitzen von Cannabis-Konzentraten auf heißen Oberflächen erzeugt wird. Grundsätzlich wird darunter das Inhalieren von wirkstoffhaltigen Konzentraten verstanden. Diese Konzentrate, die dafür verwendet werden, heißen Dabs. Diese hochkonzentrierten Mixturen verfügen in der Regel über einen Cannabinoid-Gehalt von etwa 75 Prozent (in Ausnahmefällen sogar mehr) und können auf verschiedenste Weise aufgenommen werden.

10: https://rp-online.de/nrw/staedte/koeln/koeln-polizei-findet-geraete-zur-marihuana-produktion-in-tonstudio-von-drknarf_aid-19224775

11: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1111/add.14525

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5.2 Kokain

Kokain ist mittlerweile in allen Gesellschaftsschichten angekommen. Eine Entwicklung, die mit Sorge zu betrachten ist. Nicht nur, dass die Abhängigkeit bei Kokain wesentlich höher ist als bei Cannabis. Auch die Folgen sind stärker: Depressionen oder extreme Halluzinationen als negative Nebenwirkungen sind nur einige wenige, die es zu nennen gilt. Viele Kokainnutzer behaupten von sich selbst, ohne Kokain würden sie nicht mehr über den Tag kommen. Das ist eine Lüge sich selbst gegenüber. Kokain zu konsumieren, um den Alltäglichkeiten des Lebens Herr zu werden, kann und darf nicht die letzte und einzige Alternative sein. Kokain macht abhängig, Kokain ist gefährlich, Kokain ist teuer!12

Kokain gilt gemäß des europäischen Drogenberichts 201813 als die illegale Aufputschdroge, die in Europa am häufigsten genutzt wird. Demnach haben 3,5 Millionen Europäer zwischen 15 und 64 Jahren innerhalb der letzten zwölf Monate Kokain konsumiert. Eine unvorstellbare Zahl. Aufgrund der unterschiedlichen Phasen des Kokainrauschs und deren Wirkung wird immer wieder von einer „Leistungssteigerung“, einer Zunahme von Antrieb und körperlicher Belastbarkeit bis hin zu gesteigerter Kreativität und „sexueller Enthemmung“ geschwärmt. Diese Auswirkungen, wenn sie denn tatsächlich in Erscheinung treten, sind auf die Inhaltsstoffe des Kokains zurückzuführen. Kokain treibt den Konsumenten bzw. den Körper nur kurzfristig an seine Leistungsgrenze. Die Kraftreserven werden da-

durch noch schneller verbraucht und die zuvor erreichte Leistung lässt sich nicht wiederholen. Durch den schnellen Leistungsabfall bzw. Abbau im Körper potenziert sich die Suchtgefahr.

Konsumvariationen von Kokain

Synonyme für Kokain sind unter anderem: Coke, Koks, Schnee, Snow und White Stuff. Wirkungsdauer und Wirkungseintritt bei Kokain hängen unter anderem von der Art des Konsums ab.

Schnupfen

Die wohl verbreitetste Art ist das „Ziehen“ einer „Line“. Diese Art und Weise wird auch immer wieder in den verschiedensten Kinofilmen oder TV-Produktionen vorgemacht. Hierbei wird das pulverförmige Kokainhydrochlorid durch die Nase eingezogen. Innerhalb von Minuten tritt die Wirkung ein und hält bis zu drei Stunden an.

12: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/259953/umfrage/verkaufspreise-ausgewaehlter-illegaler-drogen-indeutschland/

13: www.emcdda.europa.eu/system/files/publications/8585/20181816_TDAT18001DEN_PDF.pdf

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Spritzen

Gespritzt wird intravenös. Das Gehirn wird massiv mit einer Reizüberlastung konfrontiert. Der entstehende Kick löst sich allerdings bereits nach kurzer Zeit wieder auf und lässt den Konsumenten in ein tiefes Loch fallen.

Kauen

Kauen ist wohl die älteste Form des Konsums von Kokain. Bereits vor mehreren hundert Jahren wurden die Blätter des Coca-Strauchs gekaut. Zahlreiche Völker sehen dies auch in der heutigen Zeit immer noch als Ritual. Durch diese Form des Konsums wird nur eine geringe Menge der schädlichen Droge im Körper freigesetzt.

Rauchen

Hier handelt es sich um eine der gefährlichsten Formen des Konsums. Ähnlich wie beim Spritzen verläuft der Rausch extrem kurz und steigert so die Gefahr der schnellen Abhängigkeit.

Verbreitung

Kokain gelangt über zahlreiche Routen nach Europa, hervorzuheben ist jedoch die Zunahme der in Containern über große Häfen geschmuggelten Mengen. Aktuelle Daten des Bundeskriminalamts zu Kokain zeigen, dass sich sowohl die Zahl der Sicherstellungen als auch die sichergestellten Mengen auf einem Rekordhoch befinden. Nachdem im Jahr 2017 – insbesondere aufgrund einzelner Großsicherstellungen in Häfen – mit rund 8 t eine Rekordmenge an Kokain in Deutschland gefunden wurde, belief sich die Gesamtsicherstellungsmenge nach polizeilichen Erkenntnissen im Jahr 2018 auf mindestens

5 t und erreichte im Jahr 2019 mit mindestens 10 t einen neuerlichen Höchstwert. Besonders gravierend fiel der Anstieg der Kokainsicherstellungen in den Häfen Antwerpen und Rotterdam aus. Während im Jahr 2018 in beiden Häfen zusammen rund 70 t Kokain sichergestellt wurden, waren es im Jahr 2019 ca. 100 t.

Auch der seit zehn Jahren am höchsten eingeschätzte Reinheitsgrad von Kokain deutet auf eine größere Verfügbarkeit der Droge auf Ebene der Endkonsumenten hin. Eine Neuorganisation der Kokainlieferkette und der beteiligten Personen ist auf mittlerer und Kleinhandelsebene erkennbar; es entstehen stärker fragmentierte, lockerere und zunehmend horizontale Organisationsstrukturen. Kleinere Gruppen konnten in den Markt eintreten, indem sie eine Reihe von Informationstechnologien wie Verschlüsselung, Darknet-Märkte, soziale Medien und Kryptowährungen für den Handel nutzen. Innovative Verkaufsstrategien wie Kokain-Callcenter weisen auf ein hohes Ausmaß an Unternehmertum im umkämpften Kokainmarkt hin. Diese neuen Methoden scheinen die Art von Veränderungen in anderen Bereichen widerzuspiegeln, die sich durch die allgemeine Nutzung von Smartphones ergeben:

» eine potenzielle „Urbanisierung“ des Kokainhandels

» ein wettbewerbsfähiger Markt, in dem Verkäufer miteinander konkurrieren, indem sie zusätzliche Dienstleistungen wie eine schnelle und flexible Lieferung anbieten

Nachvollziehbar ist dieses Wachstum auch anhand von Abwasseruntersuchungen auf Kokainrückstände in verschiedenen europäischen Großstädten.

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Folgen

Die gesundheitlichen Folgen des Konsums von Kokain aufzuzählen, gleicht einer Inhaltsangabe eines Medizinhandbuchs. Vom Herzinfarkt über Lähmung des Atemzentrums bis hin zu Bewusstseinsstörungen ist eigentlich alles möglich.

5.3 Crack

Crack ist Kokain, das bearbeitet wurde und hierdurch eine wesentlich intensivere, aber auch kürzere Wirkung innehat. Es wird aus einer Zigarette oder aus einer Wasserpfeifen-ähnlichen Pfeife geraucht. Die Wirkung ist verheerend. Atemstillstand bis hin zum Tod oder wahnhafte Psychosen sind nur einige der bekannten Folgen.

5.4 Neue psychoaktive Stoffe (NPS) Crack

Der europäische Drogenmarkt ist ständigen Veränderungen unterworfen. In den vergangenen zehn Jahren kam eine Vielzahl neuer Substanzen hinzu, die „neue psychoaktive Stoffe“ (NPS) genannt werden. Der Europäische Drogenbericht 201914 stellt dazu fest, dass bis Ende 2018 über 730 neue psychoaktive Substanzen in Europa entdeckt wurden; 55 davon erstmals im Jahr 2018. Hierbei handelt es sich um synthetische Cannabinoide, Stimulanzien, Opioide und Benzodiazepine. NPS decken die gesamte Bandbreite an Wirkweisen der klassischen Drogenarten ab, ihre Wirkstärken sind in der Regel aber um ein Vielfaches höher. Die Konsumenten nehmen bei Einnahme der für sie unbekannten Substanzen große gesundheitliche

Grafik aus dem Europäischen Drogenbericht 2019, Seite 48 https://www.emcdda.europa.eu/system/files/publications/11364/20191724_TDAT19001DEN_PDF.pdf

14: Europäischer Drogenbericht 2019, Seite 35

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Risiken auf sich, bis hin zu akuter Lebensgefahr oder Tod. Das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) enthält in Ergänzung zum Betäubungsmittelgesetz (BtMG) eine sogenannte Stoffgruppenregelung, um dem ständigen Wandel Rechnung zu tragen, da immer wieder neue Stoffe auf den Markt gebracht werden, um das Betäubungsmittelgesetz zu umgehen. Was aber sind NPS? Landläufig werden sie auch Designerdrogen oder Legal High genannt und sind eher unter ihrem Produktnamen bekannt. Sie werden in der Regel im Internet oder in Smartshops unter den unterschiedlichsten Namen angeboten. Als Gemeinsamkeit haben alle NPS, dass weder die Wirkungen noch die gesundheitlichen Folgen für Konsumenten absehbar sind. Es können Angstzustände, Kopfschmerzen, Übelkeit, Herzrasen, Kreislaufprobleme, Kreislaufversagen und Ohnmacht sowie Vergiftungen, Wahnvorstellungen, Psychosen und Todesfälle auftreten.

5.5 Amphetamine und Metamphetamine (Crystal Meth)

An dieser Stelle eine Abhandlung zu der gesamten Palette der synthetisch hergestellten Drogen wiederzugeben würde den Rahmen sprengen. Die Folgen aller auf dem Markt befindlichen Stoffe sind aber nahezu identisch: Von Halluzinationen über Herzschädigungen und extreme Abmagerung bis hin zu Zahnausfall und Depressionen ist auch hier die gesamte Palette der starken Beeinträchtigungen des Körpers als Nebenwirkung bekannt.

Bei Crystal Meth handelt es sich um den szenetypischen Namen für Metamphetamin, das chemisch eng verwandt ist mit den Amphetaminen (Speed). Ähnlich wie Kokain wird Metamphetamin

durch die Nase gezogen. Aber auch hier sind die Konsumvarianten des intravenösen Spritzens und Rauchens sowie des Schluckens möglich und je nach Typ favorisiert. Die unterschiedliche Wirkungsdauer von Amphetaminen (6 bis 8 Stunden) im Vergleich zu Methamphetaminen (16 bis zu 70 Stunden) macht deutlich, dass sich auch hier die Konsumenten unterscheiden. Es ist nahezu unmöglich, die Inhaltsstoffe aller Amphetamine und Metamphetamine zu kennen, da diese veränderlich sind und in ihrer Konzentration abweichen. Zahlreiche Studien zeigen, dass bereits nach dem ersten Konsum eine starke Abhängigkeit die Folge sein kann.

Auch Ecstasy ist eine künstlich hergestellte Droge, die aber zu den Amphetaminen zählt. Mit der durchaus beachtenswerten weiteren Folge, dass auch die Nervenzellen des Gehirns beschädigt werden können. Die typischen Darreichungsformen sind hier die sogenannten bunten Pillen mit den verschiedensten Formen und Symbolen. Weder das eine noch das andere lassen einen Schluss auf die Wirkung und den tatsächlichen Inhalt der Droge zu.

5.6 Heroin

Heroin ist ein halbsynthetisches Opioid, das durch einen chemischen Prozess aus Morphin hergestellt wird. Vollsynthetische Opioide sind beispielsweise Methadon oder Fentanyl. Methadon wird neben anderen Opioiden in der Substitutionstherapie von Heroinabhängigen verwendet. Opioidhaltige Schmerzmittel wie Fentanyl werden bei schweren Erkrankungen verordnet, aber auch missbräuchlich verwendet. Opioide binden sich an Rezeptoren im zentralen Nervensystem und

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aktivieren diese, was in erster Linie das Schmerzempfinden mindert. Heroin gilt als eines der wirksamsten Schmerzmittel. Gleichzeitig wirken Opioide entspannend, beruhigend und euphorisierend.

Opioide haben ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Bereits wenige Stunden nach dem letzten Konsum kommt es bei Abhängigen zu Entzugserscheinungen, deren körperliche Symptome von Schweißausbrüchen, Zittern, Schwächegefühlen, Gliederschmerzen, Magenkrämpfen und Übelkeit über Kreislaufstörungen, Temperaturschwankungen bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen mit schweren Krampfanfällen und akuten neurologischen Störungen reichen. Psychische Entzugssymptome äußern sich in Unruhegefühlen, Angstzuständen und depressiven Phasen bis hin zu Selbstmordgedanken.

Heroin wird in der Regel intravenös gespritzt, aber auch geraucht. Bei Letzterem wird das Heroin auf eine Aluminiumfolie gegeben und erhitzt. Die hierbei entstehenden Dämpfe werden eingeatmet. Ständiger Heroinkonsum führt oft zu einer tödlichen Vergiftung.

Heroinabhängige sind meist diejenigen, die in der Bevölkerung als „Junkies“ wahrgenommen werden. Ihre oft mit der Sucht einhergehende Verwahrlosung und der Drang, ständig eine neue Dosis zu erwerben, bis hin zum „goldenen Schuss“, ist nach wie vor bei der Bevölkerung das vorherrschende Bild von Drogensüchtigen. Sogar die Statistiken über Drogentote zählen in der Regel nur die Toten durch Heroingebrauch.

Die Konsumhäufigkeit bei Erwachsenen zeigt für die vergangenen 20 Jahre einen leicht wellenförmigen Verlauf ohne Tendenz. Die Zahl derer, die mindestens ein-

mal in ihrem Leben Opioide konsumiert haben, war 2018 mit 1,7 Prozent auf dem höchsten Stand seit 2009. Bei Jugendlichen liegen die Prävalenzen (Häufigkeitszahlen) so niedrig, dass statistische Aussagen zu Tendenzen beim Konsum nicht sinnvoll sind. Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt von Heroin im Straßenhandel hat sich seit 2011 beinahe verdoppelt und lag 2018 bei 18,7 Prozent.

5.7 K.-o.-Tropfen

Mit dem Begriff K.-o.-Tropfen oder -Mittel werden Stoffe bezeichnet, die zur Willens- oder Bewusstlosigkeit führen können, weil sie zum Beispiel beruhigend oder betäubend wirken. Die Mittel werden missbraucht, um zum Beispiel Sexualund/oder Raubdelikte oder Diebstähle zu begehen. Viele illegale Drogen wie Cannabis, Heroin, Amphetamine oder Kokain eignen sich als K.-o.-Mittel. Das gängigste K.-o.-Mittel ist nach wie vor Alkohol. Täter animieren häufig dazu, unkontrolliert zu trinken, oder sie fügen einem Getränk unbemerkt zusätzlich Alkohol bei. Daher ist es nicht richtig, dass mit K.-o.-Mitteln immer GHB (siehe Folgeseite) gemeint ist. Da die K.-o.-Mittel einem Getränk oder einer Mahlzeit möglichst unauffällig beigefügt werden, lösen Täter den jeweiligen Stoff in einer Flüssigkeit auf. In der Regel sind die meisten Betroffenen weiblich, doch auch Männer können Opfer von Straftaten unter Einsatz von sogenannten K.-o.-Mittel sein.

Da Drogen wie Kokain, Heroin etc. im Körper nachweisbar sind, lassen sich viele K.-o.-Mittel im Blut noch ein bis zwei Tage und im Urin bis zu einer Woche feststellen. In Einzelfällen kann auch noch Wochen nach einem Vorfall ein Nachweis in den Haaren eines Opfers gelin-

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gen. Die chemischen Varianten von GHB sind schwerer, meist gar nicht aufzuspüren. Die Nachweiszeit zwischen Aufnahme und durchzuführenden Test ist hier sehr kurz, es sei denn es, gab eine sehr hohe Dosis.

GHB (Gamma-Hydroxybuttersäure)

Umgangssprachlich wird GHB als Liquid Ecstasy bezeichnet, obwohl die Wirkung und die chemische Zusammensetzung nicht mit der von MDMA (Ecstasy) zu vergleichen ist. GHB ist auch unter den Namen G-Juice, Liquid X und Soap bekannt. Es wird als farblose, salzig schmeckende Flüssigkeit, aber auch als Pulver oder in Tablettenform angeboten. Teilweise wird es auch als die „Vergewaltigungsdroge“ bezeichnet. Die Schwierigkeit bei K.-o.-Tropfen ist die tatsächliche Nachweisbarkeit. Valide Zahlen existieren aus diesen Gründen nicht. Geht man in diesem Kontext jedoch von Berichterstattungen in den Medien aus, so scheint es in der Wahrnehmung tatsächlich ein Problem zu geben: Übereinstimmend sprechen Geschädigte vom totalen Filmriss, obwohl dies durch einen vorherigen Alkoholkonsum nicht gerechtfertigt scheint. Möglich scheint dies, weil GHB meistens flüssig und farblos ist. Der leicht salzige und seifige Geschmack wird oft vom Eigengeschmack der Getränke, in die sie gegeben werden, überdeckt. Die Risiken von Liquid Ecstasy werden stark durch zusätzlich konsumierte Drogen beeinflusst. Beim Mischkonsum mit anderen Substanzen kommt es zu nicht einzuschätzenden Rauschzuständen und gesundheitlichen Risiken, da sich die Wirkung potenziert. GHB wirkt hemmend auf die Herzaktivität und das Atemzentrum. Besonders gefährlich ist daher der gleichzeitige Konsum von Alkohol, Opia-

ten und Medikamenten. Die atemlähmende Wirkung der Opiate kann durch GHB derart verstärkt werden, dass es zur Atemnot bis hin zur Unterdrückung der Atmung (Atemdepression) kommt. Es kam bereits zu Todesfällen bei GHB-Konsum. Aber auch der gleichzeitige Konsum von stimulierenden Drogen wie Kokain, Speed und Ecstasy ist sehr riskant, weil es zu unkalkulierbaren Wechselwirkungen kommen kann. Mischkonsum sollte auf jeden Fall vermieden werden.

Falls Sie nicht sicher sind, Opfer von K.o.-Mitteln geworden zu sein, versuchen Sie sich folgende Fragen zu beantworten: Haben Sie Erinnerungslücken? Waren Sie mit fremden Personen zusammen? Hatte eine fremde Person die Möglichkeit, Ihnen etwas in Getränke oder Speisen zu mischen? Waren Sie bewusstlos? Haben Sie Getränke oder Speisen von Fremden angenommen?

Für Ahnungslose nicht bemerkbar

Im Getränk sind K.-o.-Tropfen für Ahnungslose meistens nicht herauszuschmecken. Deshalb ist es relativ einfach, K.-o.-Tropfen auf Partys, in Clubs oder in Kneipen in offenstehende Gläser oder Flaschen zu geben. Manchmal werden sie auch unter das Essen gemischt.

Auf Getränke aufpassen

Nicht nur Fremde sind Täter, auch flüchtige Bekannte oder Freunde können zu Tätern werden. Manchmal sind die Täter auch in Gruppen unterwegs: Einer sorgt für Ablenkung, während der andere K.o.-Tropfen ins Getränk mischt. Steht das Glas unbeobachtet herum, ist oft noch nicht mal ein Ablenkungsmanöver nötig.

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Tipps der Kriminalpolizei:

» Achten Sie immer darauf, dass Ihre Getränke und Speisen nicht unbeaufsichtigt sind.

» Seien Sie besonders vorsichtig, wenn Sie von fremden oder gerade erst kürzlich kennengelernten Personen Getränke oder Speisen annehmen.

» Achten Sie auf Ihre eigene Veränderung. Nur Sie selber kennen sich am besten und wissen, was und wie viel Sie wovon vertragen.

» Sprechen Sie beim geringsten Anzeichen einer außergewöhnlichen Veränderung einen Freund oder eine Freundin an.

» Wenn Sie alleine sind, rufen Sie eine Vertrauensperson an und bitten um Hilfe.

» Sprechen Sie in Gaststätten, Diskotheken, Bars, auf Festivals oder ähnlichem vorhandenes Personal an.

5.8 Drogensucht in Zahlen

Der europäische Drogenbericht von 2018 geht von einer durchweg hohen Verfügbarkeit von Drogen aus, die in einigen Regionen sogar ansteigt. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2018: Rund 271 Millionen Menschen weltweit haben im Jahr 2017 zumindest eine illegale Droge konsumiert. Cannabis wurde 2017 von ca. 219 Millionen Menschen weltweit konsumiert. Rund 35 Millionen Menschen zwischen 15 und 64 Jahren konsumieren regelmäßig illegale Drogen.15

15: https://de.statista.com/themen/100/drogen/ 29

Der Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung 2019 zeigt auf, dass der Konsum von Cannabis bei Jugendlichen (12 bis 17 Jahre), jungen Erwachsenen (18 bis 25 Jahre) und Erwachsenen (18 bis 59 Jahre) seit 2011 ansteigt. 9,6 Prozent der Jugendlichen, 40,5 Prozent der jungen Erwachsenen und 31,9 Prozent der Erwachsenen gaben in Befragungen im Jahr 2018 an, in ihrem Leben bereits Cannabis konsumiert zu haben.16 Rund 8 Prozent der Jugendlichen und rund 22 Prozent der jungen Erwachsenen haben in den letzten zwölf Monaten vor der Befragung konsumiert und 1,2 Prozent der Jugendlichen und 5,9 Prozent der jungen Erwachsenen berichteten von einem regelmäßigen Konsum (häufiger als zehn Mal in den letzten zwölf Monaten). Zum Vergleich

kommt die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Bundes 2019 bei den erfassten Fällen auf eine Anzahl von 225 120 Delikten in Zusammenhang mit Cannabis, was im Berichtsjahr ebenfalls einem Anstieg von rund 3 Prozent zum Vorjahr bedeutet (Bundeskriminalamt 2020). Auch wenn hier nicht ausschließlich Konsumdelikte erfasst wurden, stellen diese im Vergleich zu Handelsdelikten dennoch den Großteil der Fälle dar.

Drogen wie Heroin, neue psychoaktive Stoffe (NPS) oder Kokain sind im Dunkelfeld über die vergangenen 20 Jahre insgesamt eher weniger konsumiert worden. Dennoch sind opioidhaltige Substanzen wie Heroin weiterhin die Hauptursache dafür, dass Menschen an Drogen sterben. Die Zahl der Rauschgifttoten betrug 2018

16: Der Drogen- und Suchtbericht greift regelmäßig auf unterschiedliche Datenquellen zurück (vgl. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung 2019: 213)

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deutschlandweit 1276 (+0,3 Prozent) und ist damit im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant geblieben (Bundeskriminalamt 2019).

Die Frage, ob Drogen und deren Konsum weiteres kriminelles Verhalten verursachen, kann abschließend nicht beantwortet werden, da Kausalaussagen hierzu in empirisch belastbarer Form bisher nicht vorliegen. Pharmakologisch können Aussagen zur ursächlichen Wirkung von Drogen auf Gewalt bisher nur für Alkohol, Crack, Kokain, Gamma-Hydroxybuttersäure (GHB) und Phencyclidin (PCB) getätigt werden, da diese zu Stimmungsveränderungen führen, die in Aggressivität, erhöhte Gewaltbereitschaft sowie Gewalttätigkeit münden können.17 In Studien (zumeist mit Kindern und Jugendlichen) konnte zwar gezeigt werden, dass einer Drogendelinquenzkarriere zumeist eine allgemeine Delinquenzkarriere vorausging, allerdings zeigt sich auch, dass das Vorhandensein einer starken allge-

meinen Straffälligkeit auch die Wahrscheinlichkeit einer Straffälligkeit in Bezug auf Drogen deutlich steigert.18 Diese Ergebnisse deuten daher nur darauf hin, dass Drogenabhängigkeit delinquentes Verhalten und Gewalt eher verstärkt und modifiziert, als sie ursächlich zu bedingen. Dennoch können statistische Zusammenhänge zwischen dem Konsum von Drogen und der Gewaltanwendung aufgezeigt werden. So steigt mit zunehmender Härte der konsumierten Drogen auch die Härte des berichteten Gewalthandelns. Dieser Zusammenhang ist sogar zwischen 1999 und 2004 immer stärker geworden.19

Phencyclidin

Phencyclidin ist die Abkürzung für Phenylcyclohexylpiperidin und wird in der Drogenszene auch häufig als Angel Dust (Engelsstaub), Londrea, Killerweed, Sherman Hemsley, TAC oder Peace Pill bezeichnet.

17: vgl. Simon et al. 2004; Schroers & Schneider 1998; Feuerlein 1996; Teschke 1989; Gunkelmann 1989; Kreuzer 1987.

18: siehe z. B. Kreuzer et al. 1991: S. 327 ff.

19: RKI, GEDA 2014/2015-EHIS

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6. Alkohol und Nikotin

6.1 Alkohol

Die Risiken und Nebenwirkungen von Alkoholkonsum kennt jeder, dennoch wird auf die Gesundheit angestoßen. Keine Abiturfeier wird ohne Alkohol geplant und berufliche Erfolge werden ebenfalls mit Alkohol gefeiert. Der Gesetzgeber hat auf die unterschiedliche Angebotsfrage der Alkoholindustrie und auf das geänderte Trinkverhalten reagiert. Das Jugendschutzgesetz zeigt dies am deutlichsten. Es unterscheidet zwischen Bier, Sekt und Wein und nennt andere alkoholische Getränke. Hiermit sind alle anderen alkoholischen Getränke gemeint, die eine Gemeinsamkeit innehaben: der Mindestalkoholgehalt liegt bei 15 Volumenprozent. Dass der Verzehr von Bier, Sekt oder Wein unter Umständen sogar Jugendlichen ab 14 Jahren erlaubt ist, wenn es die Erziehungsberechtigten gestatten, wird

durchaus kritisch gesehen. Komplett erlaubt sind der Kauf und der Konsum dieser drei Arten dann tatsächlich bereits ab 16 Jahren. Die weiteren anderen alkoholischen Getränke, auch sogenannte Mischgetränke, sind erst ab der Volljährigkeit gestattet. Auch die Promillegrenzen zur Teilnahme am Straßenverkehr, egal in welcher Form, wurden angepasst. Hier ist es für Fahrzeugführer umso wichtiger, sich über die gesetzlichen Regelungen zu informieren, da es vielfältige Bestimmungen gibt.

In Deutschland weisen rund 18 Prozent der Männer und 14 Prozent der Frauen einen riskanten Alkoholkonsum auf. Frauen mit einem hohen sozialen Status sind gefährdeter. Bei Männern lässt sich keine eindeutige Tendenz des Risikokonsums nach Sozialstatus feststellen.20

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Zuletzt wurden im Mai 2019 die neuen Ergebnisse der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) „Der Alkoholkonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland 2018“ vorgestellt (Alkoholsurvey 2019). In der Repräsentativbefragung erhebt die BZgA regelmäßig den Alkoholkonsum der 12bis 25-jährigen Bevölkerung. Von April bis Juni 2018 wurden bundesweit 7002 junge Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren befragt. Die Studienergebnisse zeigen, dass 2019 8,7 Prozent der Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren regelmäßig, das heißt mindestens einmal wöchentlich, Alkohol konsumieren. Das ist ein historisch niedriger Stand. In dieser Altersgruppe lag dieser Wert im Jahr 2004 noch bei 21,2 Prozent. Unter jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren gaben 2019 33,4 Prozent an, regelmäßig Alkohol zu trinken. Dies

ist ein seit dem Jahr 2014 gleichbleibender Wert. Ausgehend vom Jahr 2004 mit 43,6 Prozent ist eine langfristig rückläufige Entwicklung zu beobachten. Der Anteil der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen, die sich im vergangenen Monat in einen Rausch getrunken haben, ist mit aktuell 13,6 Prozent seit mehreren Jahren relativ konstant. Im Jahr 2004 waren es noch 22,6 Prozent.

6.2 Nikotin

Tabakgenuss ist eines der größten Gesundheitsrisiken in Deutschland. Hier ist die Prävention zwar weit fortgeschritten, dennoch ist der Genuss von Tabakwaren nach wie vor bei gut einem Viertel der deutschen Bevölkerung normal. Bedenklich jedoch ist das durchschnittliche Eintrittsalter in diesem Kontext bei 14,8 Jahren.

20: RKI, GEDA 2014/2015-EHIS 33

7. Gesetzeslage

Ziel des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG – von 2015) ist es, den allgemeinen Gesundheitszustand der Versicherten zu verbessern und Krankheiten zu vermeiden, bevor sie entstehen. Die Regelungen des Gesetzes verpflichten die Krankenkassen dazu, hierauf gerichtete Leistungen zur primären Prävention und zur Gesundheitsförderung zu erbringen. Mit diesen Leistungen soll jeder Einzelne dabei unterstützt werden, sich gesundheitsbewusst zu verhalten.

Maßstab ist das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Demnach ist der Besitz, die Weitergabe von Drogen und auch die Herstellung von Drogen strafbar. Die Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 1961 das Einheitsabkommen über Betäubungsmittel (engl.: Single Convention on Narcotic Drugs). Es verpflichtete mehr als 180 Staaten, die Verfügbarkeit von Drogen einzuschränken. Das Einheitsabkommen sowie die in den Jahren 1971 (Erweiterung der Liste kontrollierter Stoffe) und 1988 (Unterbindung von Geldwäsche und Organisierter Kriminalität) vorgenommenen Fortschreibungen haben bis heute Einfluss auf nationale Betäubungsmittelgesetze.

Das deutsche Betäubungsmittelgesetz ist Nachfolger des Opiumgesetzes. Es wurde am 10. Januar 1972 im Bundesgesetzblatt verkündet. Seine aktuelle Fassung erhielt das BtMG am 28. Juli 1981.Das BtMG regelt als Verwaltungsgesetz den Umgang mit Betäubungsmitteln (Herstellung, Inverkehrbringen, Ein- und Ausfuhr), die abschließend in den Anlagen I bis III des Gesetzes aufgeführt sind. Die Einteilung der Substanzen erfolgt nach den Kategorien „nicht verkehrsfähig“ (Anlage I), „verkehrsfähig, aber nicht verschrei-

bungsfähig“ (Anlage II) und „verkehrsfähig und verschreibungsfähig“ (Anlage III). Der unerlaubte Umgang mit Betäubungsmitteln wird durch die Vorschriften der §§ 29 bis 30b BtMG mit Strafe bedroht. Die Strafvorschriften sind dabei nach der Schwere der Tat geordnet und sanktionieren Tathandlungen: vom Erwerb über den Anbau, die Herstellung und den Handel bis zur gewerbs- oder bandenmäßigen Begehungsweise oder der Verursachung des Todes eines Menschen. Weitere qualifizierende Merkmale wie Mitführen einer Schusswaffe, Bestimmung eines Minderjährigen zur Tat oder Handel in nicht geringer Menge werden bei der Strafzumessung ebenso berücksichtigt.

Neben dem BtMG gibt es noch andere Gesetze zum Umgang mit Betäubungsmitteln oder ihren Vorläufersubstanzen: Das Grundstoffüberwachungsgesetz (GÜG) regelt den Handel sowie die Einund Ausfuhr von Stoffen, die zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden können. Das am 26.11.2016 in Kraft getretene Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NPSG) sieht ein weitreichendes Verbot des Erwerbs, Besitzes und Handels mit neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) und eine Verbot der

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Weitergabe von NPS vor. Daneben regelt das Arzneimittelgesetz (AMG) den Verkehr mit Arzneimitteln, um die ordnungsgemäße und sichere Versorgung mit Medikamenten zu gewährleisten. Hat das AMG den Zweck, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, so gilt dies auch für das BtMG.

Der Zweck des BtMG geht aus § 5 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes hervor, wonach „die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber der Missbrauch von Betäubungsmitteln oder die missbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen“ ist.

Insofern dienen das BtMG sowie die supplementären Regelungen des GÜG, NPSG und AMG als Werkzeuge des Staats, die Gesundheit der Bevölkerung bestmöglich zu gewährleisten. Der Zweck des Gesetzes ist doppelter Natur: die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und den Missbrauch von Betäubungsmitteln sowie das Entstehen oder Erhalten der Betäubungsmittel-Abhängigkeit so weit wie möglich auszuschließen.

Das Betäubungsmittelgesetz ordnet strenge behördliche Kontrollen (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt) für Anbau, Herstellung, Handeltreiben, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Veräußerung, Inverkehrbringen und Erwerb von Betäubungsmitteln an. Zu den Betäubungsmitteln gehören u. a. Opium, Morphine, Kokain, Cannabis (Haschisch). Erwerb, ihre Abgabe oder Veräußerung ist nur aufgrund bestimmter Bezugsscheine zulässig. Arzneimittel, die Betäubungsmittel sind oder enthalten, sind verschreibungspflichtig. Zuwiderhandlungen sind als Straftaten mit Freiheitsstrafen und Geldstrafen bedroht, als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen. Daneben kann auf Einziehung der Fahrerlaubnis erkannt werden.21

Die Justiz und hier allen voran die Staatsanwaltschaft hat durchaus die Möglichkeit, auch von der Verfolgung einer Tat abzusehen. Dies ist in der Regel bei einem Ersttäter der Fall oder wenn die aufgefundene Menge sehr klein bzw. gering ist. Diese Entscheidungsfreiheit hat jedoch nur die Justiz und nicht die Polizei. Zumal es in Deutschland von Bundesland zu Bundesland verschiedene Interpretationen und festgelegte Mengen gibt, bei denen die Justiz von der Strafverfolgung absehen kann.

21: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/betaeubungsmittelgesetz-btmg-28638/version-252264

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8. Prävention

8.1 Netzwerk

Um gezielt Interventionen in den Lebenswelten der Menschen, also in Kitas, Schulen, Städten und Gemeinden sowie in Betrieben und Pflegeeinrichtungen, zu unterstützen, sieht das Präventionsgesetz eine nach gemeinsamen Zielen ausgerichtete Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger, der Unternehmen der privaten Krankenversicherungen, des Bundes, der Länder, der kommunalen Spitzenverbände sowie weiterer relevanter Akteure unter dem Dach der Nationalen Präventionskonferenz vor. Deren Aufgabe ist die Entwicklung und Umsetzung einer gemeinsamen nationalen Präventionsstrategie.

8.2 Präventionsprojekte

Die gesetzlichen Krankenkassen haben die Zahl ihrer Präventionsprojekte zu unterschiedlichen Suchtthemen in Lebenswelten wie Schulen, Stadtteilen und Jugendfreizeiteinrichtungen 2017 auf 530 Projekte gesteigert. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein Anstieg von ca. 50 Prozent. Hinzu kommen jeweils 43 Projekte zur Tabak- und Alkoholprävention. Dies geht aus dem aktuellen Präventionsbericht des GKV-Spitzenverbands und des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen hervor. Der durch das Präventionsgesetz erweiterte finanzielle Förderrahmen hat dies ermöglicht. Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) spricht sich dafür aus,

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dass ein aus Vertretern aller verantwortlichen Stellen und der Zivilgesellschaft zusammengesetztes Steuerungsgremium die Suchtprävention als Teil der gesamten Prävention und Gesundheitsförderung in Städten, Landkreisen und Gemeinden plant und koordiniert. Um die Kommunen bei Aufbau und Weiterentwicklung solcher Steuerungsstrukturen zu unterstützen, hat die Krankenkassengemeinschaft ein „kommunales Förderprogramm“ aufgelegt. Kommunen, die keine oder wenig entwickelte Strukturen der Steuerung aufweisen und deren Einwohnerschaft bezogen auf Indikatoren wie Bildung, Beruf und Einkommen als sozial benachteiligt gelten, können finanzielle und beratende Unterstützung erhalten. Hiermit sollen Aufbau und Weiterentwicklung von runden Tischen zur Gesundheitsförderung, spezifischen Arbeitsgemeinschaften, etwa zur Suchtprävention oder zu Gesundheitskonferenzen, unterstützt werden.

Seit Mitte 2019 fördert das „GKV-Bündnis für Gesundheit“ zudem die Umsetzung von zielgruppenspezifischen Interventionsprogrammen auf kommunaler Ebene, zum Beispiel für Kinder aus Familien, in denen Suchtprobleme oder psychische Erkrankungen vorliegen, für Alleinerziehende und für alleinlebende Ältere.

Auch das bewährte Präventions- und Frühinterventionsprogramm „HaLT – Hart am LimiT“ wird mit GKV-Unterstützung konzeptionell weiterentwickelt und ausgebaut. Um die zielgruppenspezifischen Programme vorzubereiten, wurden Literaturrecherchen und Bestandsaufnahmen zu geeigneten Maßnahmen durchgeführt, zum Beispiel Reviews zu Erfolg versprechenden Strategien der Prävention des Alkoholkonsums von Kindern und Jugendlichen, zur kommunalen Suchtprävention sowie zur Gesundheitsförderung und Prävention für Kinder aus suchtbelasteten Familien. Die GKV möchte hiermit Impulse für eine evidenzbasierte und nachhaltige Suchtprävention setzen.

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Tipps für Eltern

» Nicht immer sind veränderte Pupillen oder gerötete Augen ein Zeichen für vorherigen Drogenkonsum, dennoch kann es ein Zeichen sein.

» Seien sie wachsam, ohne zu kontrollieren. Suchen Sie frühzeitig das Gespräch mit Ihren Kindern, auch mit den Freunden Ihrer Kinder, ohne dabei oberlehrerhaft zu sein. Kinder und Jugendliche probieren sich aus. Zeigen Sie, dass sie hierfür Verständnis aufbringen, aber dass dieses Ausprobieren ohne den Konsum von Drogen geht. Das ist die Botschaft!

» Gestehen Sie sich einen eventuellen Drogenkonsum selber ein. Verharmlosung oder gar Verschweigen ist immer der falsche Weg.

» Suchen Sie für sich oder den Betroffenen professionelle Hilfe.

» Bauen Sie ein vertrauensvolles Verhältnis auf, Vorwürfe sind fehl am Platz. Drogensucht ist immer auch eine Krankheit!

» Hilfsmaßnahmen unter Zwang durchzusetzen klappt in den wenigsten Fällen. Es muss tatsächlich „Klick“ gemacht haben. Eine gewisse Freiwilligkeit ist Grundvoraussetzung!

» Seien Sie sich darüber bewusst, dass es nicht das eine Rezept, die „Therapie“ gibt. Es ist immer wieder eine individuelle und neue Entscheidung, was in diesem einen Moment das Richtige ist.

» Keine Therapie gibt einem die Garantie, dass sie von heute auf morgen Erfolg bringt.

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Tipps für Jugendliche

» Natürlich ist es viel besser, gar nicht erst Drogen zu nehmen bzw. gar nicht erst drogenabhängig zu werden. Hierzu gehört die Auseinandersetzung mit der Thematik. Informationen werden vielfältig angeboten Schaut euch mal um auf der Seite www.polizeifürdich.de

» Glaubt nicht den weitverbreiteten Mythen.

» Drogen sind eben nicht harmlos. Sie verändern den Konsumenten in seinem Tun und Handeln. Sie wirken auf die körperliche Unversehrtheit ein. Letzteres umso mehr, je jünger ihr seid.

» Seid euch bewusst, welche Konsequenzen die Einnahme hat, auch wenn sie nur gelegentlich erfolgt. Wenn in eurem Bekanntenkreis ab und zu mal der Joint kreist oder die Tabletten gereicht werden, um vielleicht einen noch besseren Abend verbringen zu können: Neinsagen ist keine Schwäche.

Kripo-Tipps
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» Das Deutsche Rote Kreuz bietet umfangreiche und professionelle Unterstützung an! Von Selbsthilfegruppen über ein bundesweites Sorgentelefon bis hin zu ambulanten Entwöhnungstherapien.

» Die Caritas hat eine Sucht- und Drogenberatung.

» Die Online-Drogenberatung des eingetragenen Verein GANGWAY e.V

» Die örtlichen Drogenberatungsstellen haben in ihren Kommunen ambulante Einrichtungen für Menschen, die Drogen gebrauchen. Hier gibt es weitere Information zu Suchtprävention, Substitution und Therapie sowie Unterstützung bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.

» ELSA ist eine Elternberatung bei Suchtgefährdung und Abhängigkeit von Kindern und Jugendlichen.

» Die g!nko Stiftung für Prävention ist Träger der Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung NRW sowie der kombinierten Jugendberatungs- und Fachstelle Suchtvorbeugung in Mülheim an der Ruhr.

» „Wir wollen, dass Sie sicher leben“ ist der Leitsatz der polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. In fast jeder Stadt Deutschlands gibt es einen Ansprechpartner: Ihre Polizei mit Spezialisten für Themen von Arzneimittelkriminalität bis Zivilcourage.

» In Kooperation mit vielen Bundes- und Länderbehörden, anderen bundesweiten Präventionsträgern, Universitäten und Hochschulen wird neutrale und kostenlose Beratung zu allen Themen der Kriminalprävention angeboten.

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Wo gibt es Hilfe?

Links für weitere Informationen:

www.automatisch-verloren.de/tr/14-archiv-sportwetten/46-sportwetten-angehoerige-tipps.html

www.blaues-kreuz.de

www.bundesgesundheitsministerium.de

www.bzga.de/service/infotelefone/gluecksspielsucht/ www.caritas-en.de

www.dhs.de

www.drk.de

www.drogenbeauftragte.de

www.dw.com/de

www.elternberatung-sucht.de

https://erstehilfe-internetsucht.de/hilfsangebote-finden/ www.frankenpost.de

https://gangway.de/online-drogenberatung/ www.ginko-stiftung.de

www.internet-abc.de

www.polizei-beratung.de

www.polizeifürdich.de

www.spielen-mit-verantwortung.de/hilfe-und-unterstuetzung/ www.sucht.de

https://wettformat.com/de/wettsucht

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Sollten zu den hier vorliegenden Themen noch Fragen offengeblieben sein, dann wenden Sie sich an die folgende E-Mail-Adresse: kripo.tipps@bdk.de

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern das generische Maskulinum verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter (die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung).

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