"Soziale Sicherheit und Angst vor Kriminalität. Warum Österreich und andere Wohlfahrtsstaaten im internationalen Vergleich eine geringe Verbrechensfurcht aufweisen."

Dr. Helmut Hirtenlehner
Johannes-Kepler-Universität Linz
In jüngerer Zeit mehren sich die Hinweise, dass es sich bei Kriminalitätsfurcht nicht um eine spezifische Reaktion auf Kriminalitätsrisiken handelt, sondern um eine Projektion sozialer und existenzieller Ängste, die aus gesellschaftlichen Transformationsprozessen gespeist werden. Kriminalität dient dabei als Metapher, um diffuse spätmoderne Unsicherheitslagen artikulierbar zu machen. Mit einer solchen Einsicht wird gegenwärtigen Tendenzen, das Sicherheitsgefühl der Bürger zur Legitimationsfolie repressiver kriminalrechtlicher Interventionsprogramme zu erheben, der Boden entzogen. Erfolgversprechende Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen sich dagegen im Bereich der institutionellen Absicherung gegen soziale und existenzielle Risken, die aus den Umbrüchen der europäischen Gegenwartsgesellschaften resultieren.

Basierend auf im Rahmen des European Social Survey 2004/05 erhobenen länderübergreifenden Befragungsdaten wird die Frage gestellt, ob das Niveau sozialer Sicherheit und das Ausmaß kriminalitätsbezogener Ängste in europäischen Staaten miteinander verknüpft sind. Es wird eine Serie von Mehrebenenanalysen vorgestellt, in denen verschiedene Indikatoren sozialer Absicherung auf ihre furchtreduzierenden Effekte geprüft werden. Die Ergebnisse zeigen, dass unabhängig vom soziodemographischen Hintergrund und der Viktimisierungsbiographie der Untersuchungspersonen sowie vom Umfang der Dunkelfeldkriminalität in ausgeprägt wohlfahrtsstaatlichen Settings weniger kriminalitätsbezogene Sicherheitsbedenken geäußert werden.

verwandte Schlüsselbegriffe

Kriminalität Sicherheit