Mehrsprachigkeit als Ressource: Plädoyer für eine Umorientierung der Schule

Prof. Dr. Ursula Neumann
Universität Hamburg

Wie die PISA-Studie belegt hat, ist das Bildungssystem in Deutschland viel weniger als in anderen OECD-Staaten in der Lage, so mit Heterogenität umzugehen, dass die Leistungen der Schülerinnen und Schüler nicht durch ihre soziale, sprachliche oder kulturelle Herkunft vorbestimmt werden. Offenbar gelingt es Ländern wie Schweden, wo die Schülerschaft ganz ähnlich zusammengesetzt ist wie in Deutschland, besser mit dieser Vielfalt umzugehen, den Kindern die Landessprache zu vermitteln und sie zu höheren Bildungserfolgen zu führen als bei uns. Zurückzuführen ist dies auf das tief verwurzelte Denken, dass Kinder am besten in homogenen Gruppen lernten, getrennt nach Alter und zugeschriebener Begabung. Die Gliederung des Schulsystems in drei Schulformen ist Ausdruck dieser überholten Ideologie. Ganz im Gegenteil müsste es die Aufgabe des Bildungswesens sein, Kinder und Jugendliche für den Umgang mit Heterogenität auszubilden: alle Kinder müssen lernen, in mehrsprachigen Situationen handlungsfähig zu sein, kulturelle Unterschiede zu verstehen und zu akzeptieren.
Für die Kinder mit Migrationshintergrund stellt ihre Zweisprachigkeit eine Ressource dar, die ihnen nicht zum Hindernis, sondern zum Vorteil gereichen könnte, würde die Schule ihre Bildungsvoraussetzungen positiv bewerten und nutzen. Auch für die einsprachig deutschen Kinder wäre eine Auseinandersetzung mit anderen Sprachen und der Mehrsprachigkeit der Gesellschaft wichtig und nützlich für den Erwerb weiterer Fremdsprachen. Die Chancen, die in der Mehrsprachigkeit der Bevölkerung liegen, sollten nicht unterbewertet, sondern als ein Schatz betrachtet werden, der für die wirtschaftlichen und menschlichen Beziehungen innerhalb der Nationalstaaten und zwischen ihnen genutzt werden könnte.
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