Restorative Justice - neue Impulse in Deutschland und Europa

Dr. Michael Kilchling
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht - Abteilung Kriminologie, Freib

Nach euphorischen Pionierjahren war der Täter-Opfer-Ausgleich in letzter Zeit etwas in den Hintergrund des politischen Interesses gerückt. Das hat einerseits zu einer Konsolidierung beigetragen. Mit der kontinuierlichen Zunahme der Ausgleichsverfahren hat sich zugleich eine beachtliche Akzentverschiebung in der Anwendungspraxis eingestellt. So hat sich das Verhältnis von Jugend- zu Erwachsenenfällen, das in den frühen Jahren bei etwa zwei zu eins lag, inzwischen umgekehrt. Damit hat sich der TOA als Bestandteil des allgemeinen strafrechtlichen Reaktionsspektrums etabliert und kann nicht mehr als eine Art niederschwelliges 'Sonderangebot' für Jugendliche marginalisiert werden. Andererseits konzentrieren sich die Zuweisungen nach wie vor auf die diversionellen Anwendungsalternativen, während andere Optionen nur selten genutzt werden. Insgesamt ist das Potential bei weitem noch nicht ausgeschöpft, insbes. im schwereren Deliktsspektrum.

Das kann sich in naher Zukunft ändern. Öffentlich bislang nur wenig beachtet haben einige Bundesländer den TOA und andere Formen opferbezogener Vollzugsgestaltung in ihre neuen Strafvollzugsgesetze aufgenommen. Diese Entwicklung könnte dem TOA einen neuen Anwendungsbereich erschließen und den Zugang zu dem schweren und schwersten Deliktsspektrum öffnen. Beispiele wie Belgien zeigen, dass dies gelingen kann. Überhaupt hat sich in Europa ein breites Spektrum weiterer Formen restorativer Praktiken entwickelt. Zusätzliche Impulse kommen von der EU, deren neue Opferrechtsrichtlinie Opfern künftig ein Recht auf Zugang zum TOA gibt.

Der Vortrag analysiert das weitere Entwicklungspotenzial des TOA in Deutschland vor dem Hintergrund dieser europäischen Entwicklungen.

verwandte Schlüsselbegriffe

Restorative Justice Täter-Opfer-Ausgleich